"Wir möchten irgendwie das Leben selbst, das eigentliche,
das dann auch nicht vom Tod berührt wird; aber zugleich kennen wir das
nicht, wonach es uns drängt. Wir können nicht aufhören, uns
danach auszustrecken, und wissen doch, daß alles das, was wir erfahren
oder realisieren können, dies nicht ist, wonach wir verlangen. Dies
Unbekannte ist die eigentliche "Hoffnung", die uns treibt, und ihr Unbekanntsein
ist zugleich der Grund aller Verzweiflungen wie aller positiven und aller
zerstörerischen Anläufe auf die richtige Welt, den richtigen Menschen
zu. Das Wort "ewiges Leben" versucht, diesem unbekannt Bekannten einen Namen
zu geben. Es ist notwendigerweise ein irritierendes, ein ungenügendes
Wort. Denn bei "ewig" denken wir an Endlosigkeit, und die schreckt uns; bei
Leben denken wir an das von uns erfahrene Leben, das wir lieben und nicht
verlieren möchten, und das uns doch zugleich immer wieder mehr Mühsal
als Erfüllung ist, so daß wir es einerseits wünschen und
zugleich doch es nicht wollen. Wir können nur versuchen, aus der Zeitlichkeit,
in der wir gefangen sind, herauszudenken und zu ahnen, daß Ewigkeit
nicht eine immer weitergehende Abfolge von Kalendertagen ist, sondern etwas
wie der erfüllte Augenblick, in dem uns das Ganze umfängt und wir
das Ganze umfangen. Es wäre der Augenblick des Eintauchens in den Ozean
der unendlichen Liebe, in dem es keine Zeit, kein Vor- und Nachher mehr gibt.
Wir können nur versuchen zu denken, daß dieser Augenblick das
Leben im vollen Sinn ist, immer neues Eintauchen in die Weite des Seins,
indem wir einfach von der Freude überwältigt werden. So drückt
es Jesus bei Johannes aus: 'Ich werde euch wiedersehen, und euer Herz wird
sich freuen, und eure Freude wird niemand von euch nehmen' (Joh 16, 22).
In dieser Richtung müssen wir denken, wenn wir verstehen wollen, worauf
die christliche Hoffnung zielt; was wir vom Glauben erwarten, von unserem
Mitsein mit Christus."
(P.
Benedikt XVI., Enzyklika
"Spe salvi" 12)
"Vielleicht wollen
viele Menschen den Glauben heute einfach deshalb nicht, weil ihnen das ewige
Leben nichts Erstrebenswertes zu sein scheint. Sie wollen gar nicht das ewige
Leben, sondern dieses jetzige Leben, und der Glaube an das ewige Leben scheint
dafür eher hinderlich zu sein. Ewig – endlos – weiterzuleben scheint
eher Verdammnis als ein Geschenk zu sein. Gewiß, den Tod möchte
man so weit hinaus- schieben wie nur irgend möglich. Aber immerfort
und ohne Ende zu leben – das
kann doch zuletzt nur langweilig und schließlich
unerträglich sein."