Theologie-Systematisch
Eschatologie
§ 5. Sterben und Tod
Texte-Theologie

"Im ursprünglichen Schöpfungsplan Gottes bedeutet er (= der Tod) das Ende der
dem einzelnen Menschen gewährten Lebensfrist, in der er an der Trinitarisierung

der Schöpfung mitwirken darf, um danach als Frucht seines Mitwirkens, vor allem

aber als von Gott bereitetes Geschenk die volle Teilnahme am Leben des dreifalti-

gen Gottes zu empfangen.
 

Erst seit und aufgrund der Sünde nimmt der Tod ein anderes Gesicht an. Da der
Sünder sein Leben nicht als Gabe und Aufgabe von Gott her empfangen und nur
'sich selbst' leben will (vgl. 2 Kor 5,15), überläßt Gott ihn seinen eigenen 'selbst-
mächtigen' Möglichkeiten, in denen der Mensch zwar meint, das 'Leben' zu leben,
die sich aber gerade vom Ende her nur als Verstrickung in die eigene Ohnmacht,
als Anmaßung und Überschätzung herausstellen. Das von Gott als dem Urquell
abgeschnittene Leben erweist sich als 'Sein zum Tode'. Denn das, worin der Sünder
meint, das 'Leben' zu haben (Genuß, Reichtum, Erfolg, Macht...), kann ihn nicht
über den Abgrund des Todes hinüberretten. So wird aufgrund der Sünde der Tod
als dunkler, sinnwidriger Abbruch des Lebens erfahren; er erscheint als 'Schnitter'
und 'Knochenmann', als düster und furchterregend.

Doch da Jesus Christus diesen Tod des Sünders als seinen eigenen übernahm und
ihn dadurch erlöste, erhält er noch eine andere, neue Gestalt: Wo ein Mensch in der
Nachfolge Jesu sein Leben wiederum als Gabe und Aufgabe von Gott entgegennimmt
und sich um Communio mit Gott und seinen Brüdern und Schwestern bemüht, wo
er schließlich wie Jesus in der Haltung des 'Vater, in deine Hände lege ich mein
Leben' stirbt, da verwandelt der Tod sein '(Un-) Wesen', er kann wieder zum
'Bruder Tod' werden, zur 'Pforte des besseren Lebens' (Franz v. Assisi), zum Ort
der Hoffnung, zum seligen Übergang in Gottes Herrlichkeit. Der Tod wird
zum Ort der Auferstehung.

Mag auch ein solcher Tod von außen gesehen 'Abbruch aller Beziehungen' sein...,
so trifft dies nicht für dessen Innenseite zu. Nicht Abbruch aller, sonst das Leben
ausmachenden Beziehungen geschieht im Tod, sondern die 'Kon-zentration' aller
Beziehungen auf die eine tragende Beziehung, in die hinein der Mensch geschaffen
wurde, die Beziehung zu Gott."

(G. Greshake, Der dreieine Gott. Eine trinitarische Theologie, Freiburg/Bg. 2. Aufl. 1997, 431f)