Theologie-Systematisch
Theologische
Erkenntnislehre
§ 7. Glauben - Systematisch
Texte-Glauben
"Glauben bedeutet, sich einer barmherzigen Liebe anzuvertrauen, die stets
annimmt und vergibt, die das Leben trägt und ihm Richtung verleiht und
die sich mächtig erweist in ihrer Fähigkeit, zurechtzurücken, was in unse-
rer Geschichte verdreht ist. Der Glaube besteht in der Bereitschaft, sich im-
mer neu vom Ruf Gottes verwandeln zu lassen."
(Papst Franziskus, Enzyklika Lumen fidei 13)
"Warum hat der Glaube überhaupt noch eine
Chance?... Weil er dem Menschen entspricht... Im Menschen lebt unauslöschlich
die Sehnsucht nach dem Unendli-
chen... nur der Gott, der selbst endlich
wurde, um unsere Endlichkeit aufzureißen
und in die Weite seiner Unendlichkeit zu
führen, entspricht der Frage unseres Seins. Deswegen wird auch heute
der christliche Glaube wieder den Menschen finden."
(J. Ratzinger, Glaube - Wahrheit - Toleranz. Das Christentum
und die Weltreligionen, Freiburg/Bg. 2. Aufl. 2003, 111)
"Die Vernunft wird ohne den Glauben nicht heil,
aber der Glaube wird ohne die Vernunft nicht menschlich."
(J. Ratzinger, Glaube - Wahrheit - Toleranz. Das Christentum
und die Weltreligionen, Freiburg/Bg. 2. Aufl. 2003, 110)
"Unser Glaube entsteht
weder aus einem Mythos noch aus einer Idee, son-
dern aus der Begegnung mit dem Auferstandenen im Leben der Kirche"
(P. Benedikt XVI., Generalaudienz auf dem Petersplatz
am 24.9.08, in: L'Osservatore Romano 40/2008, 2))
"Der Glaube gibt dem Leben eine neue Basis, einen neuen Grund,
auf dem der
Mensch steht, und damit wird der gewöhnliche
Grund, eben die Verläßlichkeit des materiellen Einkommens relativiert.
Es entsteht eine neue Freiheit gegenüber die-
sem nur scheinbar tragenden Lebensgrund,
dessen normale Bedeutung damit na- türlich nicht geleugnet ist. Diese
neue Freiheit, das Wissen um die neue 'Substanz',
die uns geschenkt wurde, hat sich nicht
nur im Martyrium gezeigt, in dem Menschen der Allmacht der Ideologie und
ihrer politischen Organe widerstanden und so mit ihrem Tod die Welt erneuert
haben. Sie hat sich vor allem in den großen Verzichten von den Mönchen
des Altertums hin zu Franz von Assisi und zu den Menschen unse-
rer Zeit gezeigt, die in den neuzeitlichen
Ordensbewegungen für Christus alles gelas-
sen haben, um Menschen den Glauben und die
Liebe Christi zu bringen, um körper-
lich und seelisch leidenden Menschen beizustehen.
Da hat sich die neue 'Substanz'
wirklich als 'Substanz' bewährt, ist
aus der Hoffnung dieser von Christus berührten
Menschen Hoffnung für andere geworden,
die im Dunkel und ohne Hoffnung lebten.
Da hat sich gezeigt, daß dieses neue
Leben wirklich 'Substanz' hat und 'Substanz' ist,
die anderen Leben schafft. Für uns,
die wir auf diese Gestalten hinschauen, ist dieses
ihr Tun und Leben in der Tat ein 'Beweis',
daß das Kommende, die Verheißung Chris-
ti, nicht nur Erwartung, sondern wirkliche
Gegenwart ist: daß er wirklich der 'Philo-
soph' und der 'Hirte' ist, der uns zeigt,
was und wo Leben ist."
(P. Benedikt
XVI., Enzyklika
"Spe salvi" 8)
"Der Glaube ist
ein 'habitus', das heißt eine dauernde Verfaßtheit des Geistes,
durch die das ewige Leben in uns
beginnt und der den Verstand dahin bringt,
solchem beizustimmen, was er nicht
sieht."
"Der Glaube ergründet das Unsichtbare und ist daher
ein Freund der Vernunft,
die sich die wesentlichen Fragen stellt, von denen aus unser Weg
auf Erden ei-
nen Sinn erhalten soll"
(P. Benedikt XVI., Ansprache am 11.11.06, in: L'Osservatore
Romano 48/2006, 10)
"Christlicher
Glaube entsteht dort, wo das äußere Wort der Christusbotschaft,
der Botschaft vom Heil Gottes für die Welt in Jesus Christus, durch das
Zeug-
nis des Heiligen Geistes
spezifischen Menschen als Wahrheit
für alle Wirk-
lichkeit und so auch
für die Wirklichkeit des eigenen Lebens einleuchtet."
(Chr. SCHWÖBEL, Christlicher Glaube im Pluralismus.
Studien zu einer Theologie der Kultur,
Tübingen 2003, 18)
"Die Frage nach der Wahrheit ist die wesentliche Frage des christlichen
Glaubens
überhaupt, und in diesem Sinn hat er unausweichlich mit Philosophie
zu tun."
(J. Ratzinger, Glaube-Wahrheit-Toleranz. Das Christen-
tum und die Weltreligionen, Freiburg 22003,
148)
"Wer glaubt, ist nie allein
im Leben nicht und auch im Sterben nicht."
(Papst Benedikt XVI., aus der Predigt
zur Amtseinführung am 24. April 2005)
"Viele
wissen gar nicht, dass sie mit ihrem Christentum einen Schatz geerbt
haben.
Sie erben ihr Christentum
wie eine Familienbibel oder sie treten aus. Aber vom
Schatz ahnen sie nichts.
Erst wenn sie den Acker pflügen, können sie den Schatz
entdecken. Pflügen
- das ist ein Bild für neugierig werden, für Fragen stellen."
(K. BERGER, Jesus, München 2004, 31)
"Christentum ist nichts
für tumbe Toren, naive Einfaltspinsel, Schafsköpfe, sondern
etwas für Menschen,
die sich klug, geschickt und vor allem langfristig orientieren."
(K. BERGER, Jesus, München 2004, 119)
"Wer glaubt, beugt seinen Rücken nur noch vor Gott und nur
noch für die Schwächeren."
(K. BERGER, Jesus, München 2004, 166)
"Glauben bedeutet die Entscheidung
dafür, daß im Innersten der menschlichen Existenz ein Punkt
ist,
der nicht aus dem Sichtbaren und Greifbaren gespeist und getragen werden
kann, sondern an das nicht
zu Sehende stößt, so daß es ihm berührbar wird
und sich als eine Notwendigkeit für seine Existenz erweist.
Solche Haltung ist freilich nur zu erreichen durch das, was die Sprache
der Bibel 'Umkehr', 'Bekehrung'
nennt. Das natürliche Schwergewicht des Menschen treibt ihn
zum Sichtbaren, zu dem, was er in die
Hand nehmen und als sein eigen greifen kann. Er muß sich innerlich
herumwenden, um zu sehen, wie
sehr er sein Eigentliches versäumt, indem er sich solchermaßen
von seinem natürlichen Schwergewicht
ziehen läßt. Er muß sich herumwenden, um zu erkennen,
wie blind er ist, wenn er nur dem traut, was sei-
ne Augen sehen. Ohne diese Wende der Existenz, ohne die Durchkreuzung
des natürlichen Schwerge-
wichts gibt es keinen Glauben. Ja, der Glaube IST die Bekehrung, in
der der Mensch entdeckt, daß er ei-
ner Illusion folgt, wenn er sich dem Greifbaren allein verschreibt.
Dies ist zugleich, der tiefste Grund, wa-
rum Glaube nicht demonstrierbar ist: Er ist eine Wende des Seins, und
nur wer sich wendet, empfängt
ihn. Und weil unser Schwergewicht nicht aufhört, uns in eine andere
Richtung zu weisen, deshalb bleibt
er als Wende täglich neu, und nur in einer lebenslangen Bekehrung
können wir innewerden, was es heißt,
zu sagen: Ich glaube."
(J. RATZINGER, Einführung in das Christentum,
München 3. Aufl. 1977, 22f)
"der Glaube ist nicht dem
Bereich der Machbarkeit und des Gemachten zugeordnet, obwohl er mit beiden
zu tun hat, sondern dem Bereich
der Grundentscheidungen, deren Beantwortung dem Menschen unaus-
weichlich ist und die von Wesen her nur in EINER Form geschehen kann.
Diese Form aber nennen wir
Glaube. Es scheint mir unerläßlich, dies in voller Deutlichkeit
zu sehen: Jeder Mensch muß in irgendei-
ner Form zum Bereich der Grundentscheidungen Stellung beziehen, und
kein Mensch kann das anders
als in der Weise eines Glaubens tun. Es gibt einen Bezirk, der keine
andere Antwort als die eines Glaubens
zuläßt, und gerade ihn kann kein Mensch ganz umgehen. Jeder
Mensch muß auf irgendeine Art 'glau- ben'"
(J. RATZINGER, Einführung in das Christentum,
München 3. Aufl. 1977, 38f)
"das Glauben... ist die nicht
auf Wissen reduzierbare, dem Wissen inkommensurable Form des Stand-
fassens des Menschen im
Ganzen der Wirklichkeit, die Sinngebung, ohne die das Ganze des Menschen
ortlos bliebe, die dem Rechnen
und Handeln des Menschen vorausliegt und ohne die er letztlich auch
nicht rechnen und handeln
könnte, weil er es nur kann im Ort eines Sinnes, der ihn trägt."
(J. RATZINGER, Einführung in das Christentum,
München 3. Aufl. 1977, 39)
"Christlich glauben bedeutet
ja, sich anvertrauen dem Sinn, der mich und die Welt trägt; ihn als
den fes-
ten Grund nehmen, auf dem ich furchtlos stehen kann. Etwas mehr in der Sprache
der Tradition redend
könnten wir sagen: Christlich
glauben bedeutet, unsere Existenz als Antwort verstehen auf das Wort, den
Logos, der alle Dinge trägt
und hält. Er bedeutet das Jasagen dazu, daß der Sinn, den wir
nicht machen,
sondern nur empfangen können,
uns schon geschenkt ist, so daß wir ihn nur zu nehmen und uns ihm
anzuvertrauen brauchen. Dementsprechend
ist christlicher Glaube die Option dafür, daß das Empfangen
dem Machen vorangeht - womit
das Machen nicht abgewertet oder gar für überflüssig erklärt
wird...
Christlicher Glaube... bedeutet
die Option dafür, daß das Nichtzusehende wirklicher ist als
das zu Sehen-
de. Es ist das Bekenntnis
zum Primat des Unsichtbaren als des eigentlich Wirklichen, das uns trägt
und
daher ermächtigt, mit gelöster Gelassenheit uns dem Sichtbaren zu stellen -
in der Verantwortung vor dem
Unsichtbaren als dem wahren
Grund aller Dinge"
(J. RATZINGER, Einführung in das Christentum,
München 3. Aufl. 1977, 40)
"Fast alle Menschen...
halten Jesus für einen großen Menschen. Christ ist man dann,
wenn seineSingularität. seine göttliche Qualität, sein Amt, wenn sie
wollen, in seiner
eigenen Person das wahre Wort Gottes zu sein, gesehen und geglaubt wird"
(L.J. O'DONOVAN, Wir und die Anderen. Sind Differenzen
zwischen den
Religionen eine Chance für den Religionsunterricht? in: Informationen
für
Religionslehrerinnen und Religionslehrer/Bistum Limburg 4/2007, 168-174,
171)
"Jede Antwort des Glaubens verleiht dem endlichen Dasein
des Menschen den
Sinn des Unendlichen - einen Sinn, der nicht durch Leiden, nicht durch
Entbeh-
rungen, nicht durch den Tod vernichtet wird. Das will sagen - im Glauben
allein
kann man den Sinn und die Möglichkeit des Lebens finden... der Glaube
ist die Erkenntnis des Sinnes des menschlichen Lebens, kraft dessen der
Mensch sich
nicht vernichtet, sondern lebt. Der Glaube ist die Kraft des Lebens"
(Leo N. TOLSTOI, Meine Beichte, hier zitiert aus:
Chr. Fehige u.a. (Hgg.), Der Sinn des Lebens, München 2000, 62)