Theologie-Systematisch
Christologie
§ 2. Leben, Tod und Auferweckung Jesu
Texte-Gericht

"Während er (d.i. Jesus) unterwegs nach Jerusalem ist, wo ihn der Tod am Kreuz erwartet, vertraut Chris-
tus seinen Jüngern an: 'Meint ihr, ich sei gekommen, um Frieden auf die Erde zu bringen? Nein, sage ich
euch, nicht Frieden, sondern Spaltung.' Und er fügt hinzu: 'Denn von nun an wird es so sein: Wenn fünf
Menschen im gleichen Haus leben, wird Zwietracht herrschen: Drei werden gegen zwei stehen und zwei ge-
gen drei, der Vater gegen den Sohn und der Sohn gegen den Vater, die Mutter gegen die Tochter und die
Tochter gegen die Mutter, die Schwiegermutter gegen ihre Schwiegertochter und die Schwiegertochter ge-
gen die Schwiegermutter' (Lk 12,51-53). Jeder, der das Evangelium Christi wenigstens etwas kennt, weiß,
daß es Botschaft des Friedens schlechthin ist; Jesus selbst, wie der hl. Paulus schreibt, 'ist unser Friede'
(Eph 2,14), gestorben und auferstanden, um die Mauer der Feindschaft niederzureißen und das Reich Got-
tes, der Liebe, Freude und Friede ist, beginnen zu lassen. Wie sind also diese Worte zu erklären? Worauf
bezieht sich der Herr, wenn er in der Version des Lukas sagt, daß er gekommen ist, um die 'Spaltung' zu
bringen, oder - laut Matthäus - das 'Schwert' (Mt 10,34)?

Diese Wendung Christi bedeutet, daß der Friede, den zu bringen er gekommen ist, nicht gleichbedeutend
mit einfacher Abwesenheit von Konflikten ist. Im Gegenteil, der Friede Jesu Christi ist Ergebnis eines stän-
digen Kampfes gegen das Böse. Der Kampf, den durchzustehen Jesus entschlossen ist, ist nicht ein Kampf
gegen Menschen oder menschliche Mächte, sondern gegen den Feind Gottes und des Menschen, Satan.
Wer diesem Feind widerstehen will und dabei Gott und dem Guten treu bleibt, muß notwendigerweise Ver-
ständnislosigkeiten und manchmal richtiggehenden Verfolgungen entgegentreten. All diejenigen, die be-
absichtigen, Jesus nachzufolgen und sich kompromißlos für die Wahrheit einzusetzen, müssen deshalb wis-
sen, daß sie Widerständen begegnen werden und gegen ihren Willen Zeichen der Spaltung unter den Men-
schen, sogar innerhalb ihrer Familien, sein werden. Die Liebe gegenüber den Eltern ist nämlich ein heili-
ges Gebot; um aber echt gelebt zu werden, darf sie nie der Liebe zu Gott und zu Christus vorangestellt wer-
den. Auf diese Weise werden die Christen auf den Spuren von Jesus, dem Herrn, nach dem berühmten Wort
des hl. Franziskus von Assisi zu 'Werkzeugen des Frieden'. Nicht eines haltlosen und scheinbaren, sondern
eines wirklichen Friedens, der mutvoll und hartnäckig bei den täglichen Aufgaben angestrebt wird, das Bö-
se mit dem Guten zu besiegen (vgl. Röm 12,21), und für den man persönlich den Preis bezahlt, den dies er-
fordert."

(P. Benedikt XVI., Ansprache vor dem Angelus am 19.8.2007, in: L'Osservatore Romano 34/2007, 1)