Matthias Mikoteit, Theologie und Gebet bei Luther. Untersuchungen zur Psalmen-
vorlesung 1532-1535 (Theologische Bibliothek Töpelmann 124) Berlin-New York 2004;

Der Psalter, so schreibt der Autor in der Einleitung dieser ursprünglich als Dissertation in der Evangelisch-Theologischen
Fakultät der Universität Münster eingereichten Arbeit, war für Luther "nicht nur in der Theorie das beste aller Gebetbü-
cher. Er war es für ihn auch in der Praxis"
(2). Dabei standen für ihn natürlich die monastischen Erfahrungen im Hinter-
grund; zeitlebens ergab sich für ihn daraus eine besondere Vorliebe für den Psalter. So nimmt es nicht wunder, dass Lu-
ther an der Wittenberger Universität zwischen 1513 und 1535 drei umfangreiche Psalmenvorlesungen hielt. Die bisher am
wenigsten untersuchte, im vorliegenden Buch aber zum Hauptgegenstand gemachte dritte dieser Vorlesungen behandelt
nur eine knappe Auswahl der Psalmen (Pss 2, 45, 51, 120-134 und 90). Diese aber will der Autor als ganze in den Blick
und dabei die Tatsache ernst nehmen, "daß sich für Luther mit dem Psalter das Thema 'Beten' in besonderer Weise ver-
band"
(6).

Das ERSTE KAPITEL der Untersuchung behandelt den Begriff "fromm" in der Vorlesung Luthers. Der Ausdruck be-
deutet dabei sowohl ein normentsprechendes Dasein und zwar als "Werkgerechtigkeit in Erwartung von Gnade" (25)
und setzt deshalb ein Gespür für die vorhandene Sünde voraus, als auch "das Ergebnis einer forensisch-imputativen
Rechtfertigung".
Als theologischer Begriff bezeichnet Frömmigkeit dann "nicht länger eine empirisch feststellbare
Quantität, vielmehr eine neue Qualität des Standortes, den der Mensch einnimmt: das 'stare coram deo'. Frömmigkeit
ist dabei Zustandsbeschreibung und Verhältnisbegriff in einem"
(27). "Frömmigkeit als Ergebnis der Rechtfertigung
ist (aber) nicht ohne das 'Sich verlassen', das heißt bei Luther: nicht ohne die 'fides'. Die 'fides' stellt die anthropolo-
gische Grunddisposition dar, durch die die Rechtfertigung empfangen wird. Insofern kann Frömmigkeit im Zusam-
menhang der Rechtfertigungsthematik auch als Glaubensgerechtigkeit verstanden werden"
(30). Bei dem von Luther
"christianus" genannten Menschen, so viel wird hier eindeutig klar, handelt es sich um den durch das Wort im Glau-
ben gerechtfertigten und in diesem Sinn "frommen" Menschen.

Der nur kurze ZWEITE ABSCHNITT, ein Forschungsbericht zum Thema "Luthers Beten", gibt bewusst nur eine
grobe Orientierung. Auf eine ausführliche Darstellung und Diskussion der Spezialliteratur wird verzichtet. Die drit-
te Psalmenvorlesung als Gebet behandelt das DRITTE KAPITEL. Auffällig ist, dass die Psalmenvorlesung die mor-
gendliche Messe ersetzen soll, mithin sogar "(Dank-)Opfer" genannt wird. Erst in zweiter Linie ziele "sie auf die
Menschen ab, indem sie der Unterrichtung über die 'cognitio Christi', der Tröstung und der Bestärkung gegen die
Vielzahl der Anfechtungen dient"
(65). Die theologische Arbeit ist mithin für Luther Gebet. Der VIERTE AB-
SCHNITT sucht nun einzelne Texte in der Psalmenvorlesung auf, in denen ausdrückliche Gottesanrede und damit
Gebet formuliert wird. Hierbei kommen sowohl Gebete mit der Anrede Gottes in der zweiten Person in den Blick,
als auch solche, die ohne eine solche Anrede als Optativ- oder Indikativsätze formuliert werden. Das FÜNFTE,
letzte und ausführlichste KAPITEL bespricht nun inhaltlich die verschiedenen Arten der von Luther formulierten
Gebete oder gebetsähnlichen Texte. Das Loben und Danken steht dabei im Mittelpunkt und wird auf sehr verschie-
dene Weisen variiert.

Im Ganzen gibt das Buch einen umfassenden Einblick in das Gebetshandeln Luthers anhand der dritten Psalmen-
vorlesung. Vorbildlich sind auch Verzeichnisse und Register sowie - und das ist heute selten genug - der qualita-
tiv sehr hochwertige Einband.

Herbert Frohnhofen, 11. Juni 2006