Anton Rotzetter, Lexikon
christlicher Spiritualität, Darmstadt 2008;
Nach "jahrelanger Arbeit", so der Autor des Buches
und bekannte Kapuziner-Pater R., zu Beginn des Werkes,
freue er sich, dieses offenbar von ihm komplett allein erarbeitete, fast
700 Seiten umfassende Lexikon der Öf-
fentlichkeit zu übergeben. Natürlich musste eine Auswahl der aufgenommenen
Stichworte getroffen werden;
dass diese "nicht nur subjektiv ist, sondern zu einem guten Stück
auch beliebig, dürfte sich von selbst verstehen".
Aufgenommen wurden jedenfalls Stichworte aus folgenden Rubriken: (1) Sachbegriffe,
(2) Personen, (3) Le-
bensformen und (4) Werke, also schriftliche Zeugnisse der Spiritualität.
Problematisiert wird zu Beginn auch
der Begriff "Spiritualität" selbst, der - obgleich "eine
christliche Neuschöpfung aus dem 5. Jahrhundert" - heute
frei flotierend und mitunter sogar unter Ausschluss der christlichen Tradition
für rein Esoterisches verwendet
und darüberhinaus "auch auf fremde Kulturen und Religionen ausgeweitet"
werde, so dass sich nicht selten eine
"Banalisierung des Begriffs" ergebe (alle Zitate aus der Einführung,
S. 7). Schauen wir beispielhaft genauer
hin.
Unter den erläuterten Sachbegriffen finden sich biblische (Sadduzäer,
Königsbücher, Johannesbriefe, Katholi-
sche Briefe) und christlich-theologisch-kirchenhistorische Fachbegriffe (Präexistenz,
Prädestination, Erbsünde,
Panentheismus, Ökumene, Inquisition, Kreuzzüge, Modernismus) ebenso
wie religionswissenschaftliche (Hin-
duismus, Juden, Okkultismus, Mormonen), kulturell-geschichtlich-politisch-wissenschaftliche
(Marxismus,
Ökologie, Öffentlichkeit, Physik, Relativitätstheorie, Philosophie,
Ökonomie, Kultur) oder direkt für den Bud-
dhismus und/oder Hinduismus spezifische (Hinayana, Sangha, Samsara, Nirvana,
Mantra, Prajna, Mudra). Erst
darüberhinaus wird man auch in Bezug auf Sachbegriffe der christlichen
Spiritualität fündig: Rosenkranz,
Schau Gottes, Konkupiszenz, Leidenswerkzeuge, geistliche Leitung. Deshalb
bleibt für die Erläuterung der ein-
zelnen Begriffe nur sehr wenig Raum; einige Stichworte müssen oft genügen
sowie einige Hinweise auf ein-
schlägige Literatur. - An Personen werden Dichter (Novalis,
Hermann Hesse, Rilke) aufgenommen ebenso wie
christliche Theologen und Theologinnen (Dorothee Sölle, Johann Adam
Möhler, Richard von Sankt Viktor),
Religionsstifter (Moses, Muhammad, Lao-Tse) und schließlich auch christlich-geistliche
Autoren, Führungs-
persönlichkeiten, Heilige (Roger Schuetz, Edith Stein, Antony de Mello,
Thomas Morus, Pachomius).
Kurz und insgesamt: Bereits der Blick in diese beiden Rubriken erweist:
Der Bogen der aufgenommenen Be-
griffe wurde viel zu weit gespannt, um spezifische, intensive Information
geben zu können. Wer sucht Informa-
tionen über den Marxismus, über das Nirvana oder die Relativitätstheorie
schon in einem Lexikon der christli-
chen Spiritualität? Umgekehrt hätte eine Konzentration auf die
für die christliche Spiritualität wirklich wichti-
gen Stichworte dazu geführt, dass für Begriffe wie Metanoia, geistlicher
Kampf oder Loslassen mehr Raum ge-
wesen wäre als nur wenige Zeilen.
Herbert Frohnhofen, 21. September 2008