Theologie-Systematisch
Spiritualität
Texte-Anbetung-Verehrung
"Johannes
von Damaskus war... einer der ersten, die im öffentlichen und privaten
Kult der Chris-
ten zwischen Anbetung
(>latreia<) und Verehrung (>proskynesis<) unterschieden: erstere
darf allein
an Gott gerichtet sein
und ist in höchstem Sinne geistlich, die zweite hingegen kann ein Bild
verwen-
den, um sich an den
zu wenden, der im Bild selbst dargestellt ist. Natürlich darf der Heilige
keines-
falls mit der Materie
identifiziert werden, aus der die Ikone besteht. Diese Unterscheidung erwies
sich
sogleich als sehr wichtig für eine christliche Antwort an diejenigen,
die die Einhaltung des strengen
Verbots des Alten Testaments in bezug auf den kultischen Gebrauch der Bilder
als universal und im-
merwährend forderten.
Das war auch die große Diskussion in der islamischen Welt, die diese
jüdische
Tradition des völligen Ausschlusses von Bildern im Kult akzeptiert.
Die Christen hingegen haben in
diesem Umfeld das Problem erörtert und die Rechtfertigung für
die Bilderverehrung gefunden. Der
Damascener schreibt: 'In alter Zeit wurde Gott, der Körper- und Gestaltlose,
auf keinerlei Art bild-
lich gestaltet, jetzt
aber, nachdem Gott im Fleische erschienen und mit den Menschen umgegangen
ist, bilde ich an Gott
das Sichtbare ab. Ich verehre nicht die Materie, ich verehre vielmehr den
Schöp-
fer der Materie, denjenigen,
der meinetwillen Materie geworden ist, der es auf sich genommen hat,
in Materie zu wohnen,
und der durch die Materie mein Heil gewirkt hat, und ich werde nicht aufhö-
ren, die Materie zu
verehren, durch die mein Heil gewirkt wird. Ich verehre sie aber nicht als
Gott -
das sei ferne; denn
wie könnte das, was aus Nicht-Seiendem sein Werden erhalten hat, Gott
sein?...
Die übrige Materie,
durch die mein Heil zustande gekommen ist, verehre und achte ich als voll
von
göttlichem Wirken und göttlicher Gnade. Ist nicht Materie das Holz
des Kreuzes, dreimal glücklich
und dreimal selig?...
Ist nicht Materie die Tinte und das hochheilige Evangelienbuch? Ist nicht
Ma-
terie der lebenspendende
Tisch, der uns das Brot des Lebens darbietet?... Sind nicht Materie vor
all
diesen Dingen der Leib
und das Blut meines Herrn? Nimm all diesen Dingen ihre Würde und Ver-
ehrung weg, oder gestehe
der kirchlichen Tradition auch die Verehrung der Bilder Gottes und der
seiner Freunde zu, die
durch den Namen Gottes geheiligt und deshalb von der Gnade des göttlichen
Geistes geschmückt werden! Mache die Materie nicht schlecht; denn
sie ist nicht wertlos! Nichts näm-
lich ist wertlos, was
von Gott stammt!' (Erste Verteidigungsschrift gegen diejenigen, welche die
hei-
ligen Bilder verwerfen,
16, dt. Ausgabe, Leipzig 1994, S. 39-40)."
(P.
Benedikt XVI., Der hl. Johannes von Damaskus. Generalaudienz auf
dem Petersplatz am 6. Mai 2009, in: L'Osservatore
Romano 20/2009, 2)