Theologie-Systematisch
Sakramentenlehre
§ 7. Versöhnung
Texte-Ablass

"Ablass besagt nun: Die Solidargemeinschaft der Kirche hilft im Vollzug ihrer Versöhnungsaufgabe im
Gottesgeist dem Täter bei der Aufarbeitung des Geschehenen. Im Zuspruch der Liebe Gottes, in der Mit-
Hinwendung der Kirchenglieder zu ihm, verdeutlicht durch ein entsprechendes Gebet, stellt sie seiner Lie-
be anheim, sich auch der Sündenfolgen zu erbarmen und den Täter damit nicht allein zu lassen. Ablass
ist damit gewissermaßen die komplettierende Vollendung des Versöhnungshandelns Gottes in der und durch
die Kirche. Sie stellt kein magisches Hnadeln dar, als ob Gott durch eine Leistung zur Gegenleistung ge-
zwungen würde, mag das auch im Mittelalter so ausgesehen haben. Immer war man sich bewusst, dass alle
Quantifizierungen auszuschalten sind, alle Materialisierungen versagen, alle Mechanismen an der Sache
vorbeigehen. Es handelt sich um einen rein geistig-geistlichen Vollzug der Liebe Gottes zu uns, gewirkt
durch die sakramentale Kirche."

(W. Beinert, Schuld im christlichen Verständnis, Erwägungen zu Theodizee und Anthropodizee und auch
zum Ablass, in: Chr. Böttigheimer/H. Filser (Hg.), Kircheneinheit und Weltverantwortung. Festschrift für
Peter Neuner, Regensburg 2006, 117-139, 136f)

"Vor der Ablassreform Paul VI. von 1967 gab es 'vollkommene' und 'unvollkommene' Ablässe: letztere
versprachen einen Ablass z.B. von 'dreihundert Tagen' bei Rezitation eines bestimmten Gebetes. Damit
war entgegen verbreiteter Volksmeinung nicht eine Minderung der Purgatoriumsstrafe um diese Zeit-
spanne gemeint. Die Angabe sollte vielmehr sagen: Wer das Gebet andächtig verrichtet, dem geschieht
so viel Hilfe wie einem Christen der ersten Jahrhunderte, wenn er dreihundert Tage strenge Kirchenbu-
ße verrichtet. Natürlich weiß keiner, 'wie viel' das ist."


(W. Beinert, Schuld im christlichen Verständnis, Erwägungen zu Theodizee und Anthropodizee und auch
zum Ablass, in: Chr. Böttigheimer/H. Filser (Hg.), Kircheneinheit und Weltverantwortung. Festschrift für
Peter Neuner, Regensburg 2006, 117-139, 137, Anm. 32)