Die Diskussion des Begriffs >Transsubstantiation< wird von S. in
den Kontext der Enzyklika >Ut unum sint< und deren
Auftrag zur ökumenischen Verständigung sowie in den Zusammenhang
anhaltender aktueller protestantischer Polemik ge-
gen den Begriff gestellt. Ihr Anliegen ist es, die bleibende Bedeutung des
Begriffs auch für den Zusammenhang einer öku-
menisch akzeptierten Eucharistielehre darzustellen.
"Allgemein anerkannt wird, daß die
im wesentlichen auf Thomas von Aquin zurückgehende Vorstellung der 'Transsubstan-
tiation' als geeignete Lösung einer Problemstellung zu betrachten ist, die sich im Frühmittelalter ergab: Die Preisgabe
der
im christlichen Altertum im eucharistischen
Zusammenhang rezipierten platonischen Urbild-Abbild-Vorstellung, nach der
es noch möglich erschien, die wirkliche
Gegenwart des Unzugänglichen in seiner zeichenhaften Erscheinung zu denken,
wurde zur Ursache für die strikte Alternative zwischen einem 'realistischen'
oder einem (bloß) 'symbolischen' Denken in der
Eucharistielehre."
"Der Begriff 'Transsubstantiation' erscheint
bereits vor dem Trienter Konzil in mehreren lehramtlichen Äußerungen in ei-
nem kontroverstheologisch geprägten Kontext: 1215 beim 4. Laterankonzil (DH 802) in Auseinandersetzung mit Albigen-
sern und Katharern, 1274 beim 2. Konzil von Lyon (DH 860) im Rahmen der Zurückweisung der Lehren der
'Orientalen',
1341 in dem Schreiben 'Cum dudum' (DH 1018)
von Papst Benedikt XII. gegen die Armenier und 1442 beim Konzil von
Florenz (DH 1352) ebenfalls in Abgrenzung
von einer Position der Armenier."
"Eine eingehende Behandlung erfährt
die Transsubstantiationslehre bei den Diskussionen während
der 13. Sitzungsperio-
de des Trienter Konzils, die 1551 ihren Abschluß fand... Joseph Wohlmuth
hat aufgezeigt, daß sich die Trienter
Konzils-
väter auch in der Eucharistietheologie die Fragestellungen
zwar von den reformatorischen Schriften vorgeben ließen...,
dennoch aber eine eingehende Debatte über
die biblischen und theologiegeschichtlichen Begründungen der eigenen
Po-
sition in den Konzilsakten dokumentiert
ist. Als Ergebnis... hält Wohlmuth fest, daß sich die Konzilsväter
gegen eine
dem Inkarnationsgeschehen analoge Begründung der
eucharistischen Gegenwart Jesu Christi aussprechen
wollten."
In der 1965 erschienenen Enzyklika >Mysterium fidei< (dt. Text:
HerKorr 19 (1965) 653-661) hat PAUL VI. die zeit-
lose Bedeutung der Rede von der Transsubstantiation festgestellt, gleichzeitig
aber von der Möglichkeit gesprochen, die-
se in wechselnden Sprachgestalten - etwa mit Hilfe der Begriffe "Transsignifikation"
oder "Transfinalisation" - auszule-
gen. Die eucharistische "Wesensverwandlung", die eine "ontologisch" neue
Wirklichkeit entstehen lasse, schließe den
Gedanken ein, daß Brot und Wein eine neue "Bedeutung" und einen neuen
"Zweck" bekomme, "da sie nicht fürderhin
gewöhnliches Brot und gewöhnlicher Trank sind, sondern Zeichen einer
heiligen Sache und Zeichen geistlicher Speise"
(ebd. 658).
Sattler formuliert inbezug auf den ökumenischen Ertrag drei Thesen:
"(1) Die röm.-katholische Kirche
betrachtet die Rede von der 'Transsubstantiation' als einen
'sehr geeigneten'
Begriff zur Umschreibung der 'wesenhaften', die Seinsebene betreffende,
in ontologischem
Sinne zu verstehende 'Wandlung' der Mahlgaben Brot und Wein. Die Ach-
tung und
Wertschätzung dieser Begrifflichkeit steht im Dienst der Verkündigung
der realen
Gegenwart
Jesu Christi in der Eucharistie.
(2) Im Blick auf die unterschiedlichen
Begriffe, die sich in der konfessionell geprägten theologi-
schen Diskussion
herausgebildet haben, entspricht es der ökumenischen Methode, den ge-
schichtlichen
Kontext bei der Wahl der Begrifflichkeiten zu erforschen. Eine wohlwollende
In-
terpretation
der verwendeten Sprachbilder vermag ihre Leistungsstärke zu erfassen.
Vor die-
sem Hintergrund
ist zu sehen, wenn sich in ökumenisch orientierten Beiträgen zur
Eucharistie-
theologie
die Praxis gefestigt hat, die jeweiligen Intentionen der unterschiedlichen
begriffli-
chen Redeweisen
von der Gegenwart Jesu Christi in der eucharistischen Feier zu ergründen.
(3) Jede Begrifflichkeit
ist darauf angewiesen, daß der intendierte Sinn und die ursprüngliche
Bedeutung
der Wortwahl interpretierend erschlossen werden. Dazu gibt die Enzyklika 'Myste-
rium fidei
im Blick auf die Rede von der 'Transsubstantiation' einige Leitlinien. Neue
Rede-
weisen, die
sich in dem von den lehramtlichen Äußerungen gesteckten Rahmen
bewegen,
können
eine Hilfe sein bei dem Bemühen, die Glaubenswahrheit in den sich wandelnden
Verstehenskontexten
zu erschließen. Viele Theologen halten in der gegenwärtigen Verkün-
digungssituation
den Rückgriff auf die relationale Ontologie für am ehesten geeignet,
die
mit dem Begriff
'Transsubstantiation' intendierte Aussage einer 'Wesensverwandlung' dem
gläubigen
Bewußtsein nahezubringen. Dabei bedarf es, wie 'Mysterium fidei' zeigt,
gewisser
Ergänzungen
und Korrekturen, da eine relationale Ontologie allein nicht alle bei der euchari-
stischen
'Wesensverwandlung' wichtigen Momente zu erfassen vermag."