E.-M. FABER, Einführung in die katholische
Sakramentenlehre, Darmstadt 2002;
In dieser Einführung sucht die systematische Theologin
der Theologischen Hochschule Chur eine notwen-
diger Weise knappe und doch informative, auf die Praxis des gelebten Glaubens bezogene
systematische
Darstellung der Theologie der Sakramente aus katholischer Perspektive zu geben. Hierbei macht
sie in der
Hinführung deutlich, dass im Kontext heutiger sakramentenliturgischer Praxis für sie folgende Fragen
lei-
tend sind: 1. Wie kann die Rede von einem konkret-geschichtlichen Handeln Gottes verantwortet werden?
2. Wie
verhalten sich göttliches Wirken und menschliche Antwort im Sakrament zueinander? 3. Wie ist das
Verhältnis
von objektivem sakramentalem Geschehen und der subjektiven Aneignung und Entsprechung
seitens der Glaubenden,
die das Geschehene im Leben bewähren sollen? und schließlich 4. Wie ist heute
die gnadentheologische
Perspektive zu verstehen, in der die Sakramente als Geschenk neuen Lebens zu
deuten sind? (15). Schon diese vier
Eingangsfragen machen deutlich, dass die Autorin mit dem Werk den
Anspruch erhebt und den Versuch unternimmt, auf
der Höhe der Zeit und damit zum Nutzen der Menschen
systematische Theologie zu treiben.
Im ERSTEN TEIL, der allgemeinen Sakramentenlehre, stellt
die Autorin zunächst Grundsätzliches heraus:
die Bedeutung der anthropologischen Wende für die Sakramententheologie
und das Verständnis der Sakra-
mente als Vermittlungshandlungen zwischen Gott und den Menschen. Daran anschließend
erläutert sie in
einer knappen biblischen Grundlegung den Begriff "mysterion" sowie sehr kompetent
auch den neuerdings
sehr geläufigen Ausdruck "sakramentale Struktur". Die Darstellung der theologiegeschichtlichen
Entwick-
lung bleibt auf's Notwendigste beschränkt, während die systematische Entfaltung die verschiedenen,
seit
dem II. Vatikanum entfalteten Perspektiven benennt und detailliert darstellt. Hierbei wird zu Recht die ek-
klesiale
Dimension der Sakramente hervorgehoben sowie deren Bedeutung für das Verständnis der Einzel-
sakramente.
Besonders bedeutsam - und im derzeitigen Sakramentenverständnis wohl bisher kaum genügend
rezipiert
- sind aber die hier sogegannten Zeitdimensionen der Sakramente. Dem Urbedürfnis des Menschen,
sowohl sein
individuelles als auch das kollektive (menschliche) Leben über Vergangenheit, Gegenwart und
Zukunft je
neu in seinem Bewusstsein zu einem Ganzen zusammen zu binden, dient kaum etwas so sehr wie
die Feier der Sakramente
der Kirche. Nur sie schaffen Einheit, wo sonst nur Fragmente des Lebens bleiben,
nur sie binden zusammen,
was ansonsten achtlos weggeworfen und oftmals nicht mehr beachtet wird.
Im umfangreicheren ZWEITEN TEIL, der speziellen Sakramentenlehre,
geht die Autorin - wie üblich - die
sieben einzelnen Sakramente erklärend durch, bindet dabei aber Taufe
und Firmung zu einer Einheit zu-
sammen. Hierbei wird zu Recht betont, dass theologiegeschichtlich "die
ekklesiale Dimension der Taufe
über der starken Betonung von deren Heilsnotwendigkeit für die einzelnen
vernachlässigt worden" sei und
demgegenüber "heute sowohl liturgisch als auch theologisch die Eingliederung
in die Kirche... als wesent-
licher Aspekt des Taufgeschehens hervorgehoben" werde (93). In Bezug auf die
Firmung freilich bleibt die
Darstellung auf seltsame Weise unterbestimmt. Weder die von der Autorin angesprochene
"komplementä-
re" noch die genannte "komparative" Sichtweise führen hier zu einem
befriedigenden Ergebnis. Einzig
sinnvoll und der die "Stärkung" (firmatio) in den Mittelpunkt stellenden
Tradition entsprechend, ist es m.
E., die Firmung als jenes eigenständige Sakrament zu verstehen, in dem
eine Stärkung durch den Heiligen
Geist geschenkt wird, mit dessen Hilfe die in der Taufgnade geschenkte
liebende Annahme durch Gott
in seinem Geist nunmehr - ggf. auch im Kampf - aktiv an andere Menschen weitergegeben
wird.
Die Darstellung der Eucharistielehre widmet sich
zu Recht ausführlich der Opferthematik, der Frage nach
der Realpräsenz sowie der ekklesialen Dimension der Eucharistiefeier.
Sehr sensibel wird hier auf die auch
ökumenisch bedeutsamen Themen eingegangen, und die Inhalte des kirchlichen
Glaubens werden für einen
heutigen Fragehorizont plausibel dargestellt. Im Hinblick auf das Sakrament
der Versöhnung - es wird hier
auf anachronistische Weise immer noch "Bußsakrament" genannt (!)
- beschreibt die Autorin einfühlsam
den heutigen Kontext und macht dadurch deutlich, wieso dieses besonders
heilsame Sakrament so sehr ins
Abseits geraten ist; allerdings betont die Autorin zu Recht, dass gerade
die Verharmlosung und Verdrän-
gung bereits seit biblischer Zeit bekannte Strategien des verschleiernden Umgangs
mit der Sünde sind.
Auch die Krankensalbung wird mit ihrer Perspektive auf das ganzheitliche
Heil des Menschen hin darge-
stellt.
In Bezug auf die Ordination setzt die Autorin bei
der sakramentalen Struktur der Kirche an und verortet
den Amtsträger hierin. Vergleichsweise detailliert schildert sie die
Umbrüche im Ordinationsverständnis
im 20. Jahrhundert und auch die ökumenisch gelungenen Annäherungen
bei gleichzeitig noch bestehen-
den Differenzen. Die verschiedenen Schwerpunktsetzungen in der Deutung
des ordinierten Amtes (Lei-
tungsdienst, Wortverkündigung. Heiligungsdienst) werden vorgestellt
und die Argumentationslinien zu
den Zulassungsbedingungen kurz skizziert. Aufschlussreich ist die Unterscheidung
zwischen Repäsenta-
tion und Stellvertretung; denn diese Unterscheidung macht deutlich, dass
der Jesus Christus repräsentie-
rende Amtsträger "nicht an die Stelle Jesu Christi tritt, als ob
er ihn gleichsam ersetzte. Er bleibt (näm-
lich) tertiäres Subjekt (hinter Jesus Christus und der Kirche) und
tritt nicht an die Stelle des ersten Sub-
jekts (Jesus Christus). Es geht also um eine Form von Repräsentation
die dem ersten Subjekt kirchlichen
Lebens die ihr gebührende Stelle offenhält" (171). Verwiesen
wird mit Recht auch darauf, dass es allen
Christen und Christinnen "aufgetragen ist, füreinander Christus
zu repräsentieren. Jene Christusrepräsen-
tation, für die es der Ordination bedarf, ist bezogen auf den... Bereich
der öffentlichen kirchekonstituie-
renden Vollzüge" (171).
Die Darstellung der Ehe hebt durchaus auf die ganzheitliche
Entfaltung der beiden Partner in der Liebes-
gemeinschaft ab, befremdet aber mit der anachronistischen Äußerung,
dass die Ehe auf "einer ersten Ebe-
ne... der Regulierung menschlicher Sexualität" diene, was zudem
völlig zusammenhanglos damit begrün-
det wird, dass "der Mensch als Frühgeburt zur Welt kommt" (176).
Der Erläuterung der Situation "wieder-
verheiratet Geschiedener" fehlt - wie üblich - der wichtige Hinweis
auf die Möglichkeit der kirchenrecht-
lichen Annulierung von Ehen, welche ja gerade dazu dient, in jenen Fällen,
in denen die Ehe unter unan-
gemessenen Voraussetzungen geschlossen wurde und deshalb nicht gelingen
konnte, auch im Nachhinein
mit Gott und der Kirche ins Reine zu kommen. Stattdessen wird hier lediglich
davon gesprochen, dass die
Kirche "eine Instanz (sei), die noch Sünde thematisiert, sich dem
Unschuldswahn widersetzt und Wege
der Buße eröffnet" (189). Darum aber geht es ja beim Problem
der unter unangemessenen Bedingungen
geschlossenen Ehe gerade nicht, zumindest nicht primär.
Im Ganzen wird den Lesern und Leserinnen eine gut verständliche,
auf das Wesentlichste reduzierte Ein-
führung in die katholische Sakramentenlehre geboten. Hilfreich sind
die jeweils am Ende der Abschnitte
angeführten und kommentierten Literaturvorschläge. Sehr brauchbar
und übersichtlich machen das Buch
auch die an den Rand gesetzten Marginalien.
Herbert Frohnhofen, 21. August 2006