Selten genug: Dieses Buch ist der letzte Faszikel des
Bandes II der Werke des Athanasius, welcher bereits seit siebzig (!) Jahren
im Erscheinen begriffen ist. Der Zweite Weltkrieg und die Nachkriegszeit
hatten die Edition sehr behindert und damit auch die Weitergabe dieser Aufgabe
von einer Person zur nächsten notwendig ge- macht. Ursprünglich
- im Jahr 1929 - hatten amerikanische Wissenschaftler der Preußischen
Akademie der Wis- senschaften die Förderung einer kritischen Edition
der athanasianischen Schriften vorgeschlagen; nach längerem Zögern
stimmte diese zu. Der nunmehr beendete Band II sollte die "Apologien",
also die für Athanasius sehr bedeutsamen Schriften zur Verteidigung
des christlichen Glaubens enthalten; die Verantwortung hierfür wurde
zunächst Hans-Georg Opitz übertragen. Über Walther Eltester
und Wilhelm Schneemelcher gelangte die Aufga- be schließlich im Jahr
1998 an Hanns Christof Brennecke, der sie nunmehr - mit entsprechender Hilfe
- ab- schließend bewältigte.
Das Werk enthält in der Praefatio zunächst eine detaillierte Diskussion
der verschiedenen Sammlungen von handschriftlichen Überlieferungen der
athanasischen Schriften; hierbei - so die Herausgeber - erweist sich die
stemmatische (d.h. die Reihenfolge der Fassungen betreffende) Einordung der
Handschriften
"angesichts des z.T. sehr geringen Textumfangs der einzelnen
Schriften und oftmals fehlender aussage- oder gar beweiskräftiger Varianten
insgesamt als sehr schwierig" (xix). Gleichwohl lassen sich vier, von
den Texten her zum Teil über- lappende, Sammlungen bzw. Traditionen
unterscheiden. Die vorhandenen Übersetzungen (syrisch und latei- nisch)
der Epistula ad Afros
"gehen offensichtlich auf eine gemeinsame Übersetzungsvorlage
zurück, wie eini- ge Fehler zeigen, die beide Übersetzungen gemeinsam
haben" (lxix). Die nunmehr erneut und kritisch edierten Schriften erschienen
alle erstmals im Jahr 1601; die bislang als Standard geltende Ausgabe, welche
in der allseits bekannten Patrologia Graeca von J.-P. Migne nachgedruckt
wurde, erschien bereits 1698, ist mithin über 300 Jahre alt. Die in
den Sources Chretiennes (Bd. 56) durch J.-P. Szymusiak vorgenommene Edition
von Apologia de fuga und Apologia ad Constantium wird schlicht als
"im
Prinzip nicht verwendbar" bezeichnet,
"da im textkritischen Apparat
in großer Zahl variae lectiones den falschen Handschriften zugeschrieben
werden" (lxxxix). Da zu den übrigen hier edierten Texten bisher
überhaupt keine kritischen Ausgaben vorliegen, bedeu- tet der Band im
Prinzip für alle Schriften die Premiere einer (akzeptablen) kritischen
Edition.
Nach der umfangreichen Praefatio und verschiedenen Verzeichnissen macht
die Edition der Apologia ad Con- stantium, der Epistula ad Ioannem et Antiochum,
der Epistula ad Palladium, der Epistula ad Dracontium, der Epistula ad Afros,
des Tomus ad Antiochenos, der Epistula ad Jovianum und der Petitiones Arianorum
rund die Hälfte des Bandes aus. Register der verwendeten Bibelstellen,
der von Athanasius zitierten Dokumente sowie der Personen- und Ortsnamen schließen
einen Band ab, der vielleicht nicht wiederum für über 300 Jahre,
sicherlich aber für lange Zeit den neuen Standard in der Edition der
athanasianischen Apologien bilden wird.
Herbert Frohnhofen, 21. August 2008