Theologie-Systematisch
Gotteslehre
§ 8. Die Ewigkeit/Unendlichkeit
Gottes/Gott und die Zeit
Texte

Gottes Ewigkeit und Allgegenwart ist "als Medium der machtvollen Gegenwart Gottes bei seinen
Geschöp
fen an ihren Orten und zu den Zeiten ihres Daseins zu denken. In seiner Ewigkeit ist Gott
seinen Geschöp
fen sowohl transzendent, als auch gegenwärtig, also der Welt seiner Schöpfung im-
manent. Die Geschöpfe
existieren je an ihrem besonderen Ort und in ihrer besonderen Zeit, samt
dem Universum der Raumzeit, in
der Gegenwart des ewigen Gottes, der sie unendlich übersteigt
und doch nicht fern ist von einem jeden von
ihnen"

(W. PANNENBERG, Raum, Zeit und Ewigkeit, in: Chr. Böttigheimer/H. Filser (Hg.), Kircheneinheit
und Weltverantwortung. Festschrift für Peter Neuner, Regensburg 2006, 209-219, 218f)

"Gott ist der ewig in sich ruhende Friede... Er ist
die ewige Liebe, das zeitlose und unwandelbare Sein."

(Franz Jalics, Kontemplative Exerzitien, Würzburg 1994, 247)


"Die verbleibende und sicher schwierigste Frage, ob nun Gottes Allwissenheit nicht
doch auch - was ich ja schon mehrfach bestritten habe - sein Vorherwissen der mensch-
lichen Freiheitsakte einschließe - sie weist dann endgültig auf die grundlegende Frage
nach der Verhältnis der Ewigkeit Gottes zur Zeit. Denn so wenig die Parteien des klassi-
schen Gnadenstreits die Freiheit und das Vorausgewußtsein jedes (tatsächlichen oder be-
dingt-künftigen) freien Geschehens zu vereinbaren wußten, so wenig wäre doch auch für
die menschliche Freiheit schon mit dem bloßen Rekurs auf Gottes Gleichzeitigkeit zu al-
len Zeiten gewonnen. Und so sehe ich wie schon andere keinen besseren Weg, als die
Perspektive Karl Barths aufzunehmen, der die uralte bloße Entgegensetzung der Ewig-
keit zur Zeit energisch revidierte und auch über Boethius noch hinausging, indem er un-
sere Gegenwart als Voranschreiten 'vom Gewesenen zum Zukünftigen', auf den ewigen
Gott hin beschrieb und von Gott selbst als 'der Quelle, dem Inbegriff und Grund aller
Zeit' sprach (KD III/2, 639f). Dies würde bedeuten, die Zeit, in der wir leben, als uns zu-
kommende, unser Dasein als je neu empfangenes zu verstehen und Gott selbst, der 'kei-
ne Zukunft außer sich hat', als den Ewigen, der 'die Zukunft seiner selbst und alles von
ihm Verschiedenen' ist: als vollkommene Freiheit 'Ursprung seiner selbst und seiner Ge-
schöpfe'. Nur so scheint es mir denkbar, daß Gott alle gestifteten Zeiten umgreift, um je-
des Wirkliche und Mögliche weiß, sogar das Vergangene bei sich bewahrt und doch eben-
so, wie er selbst in der Ursprünglichkeit seiner Freiheit unangetastet bleibt, auch die Akte
der menschlichen Freiheit, die der noch nicht gegründeten Zeit angehören, von ihm nicht
vorher gewußt und schon festgelegt, sondern ihres eigenen Ursprungs sind“

(Th. Pröpper, Theologische Anthropologie I, Freiburg 2. Aufl. 2012, 609)

"Damit ist unabweisbar auch die Frage gestellt, wie weit es eigentlich erforderlich ist,
Gott selbst jeglicher Zeitbestimmtheit enthoben zu denken. Denn muß die Zeit nicht
als Bedingung für die Möglichkeit jeder Interaktion von Freiheiten gelten?... Unaus-
weichlich wird sie (d.i. diese Frage)... durch den Glauben an die Inkarnation. Aber
sie ergibt sich doch auch schon insofern, als Gottes Achtung der menschlichen Frei-
heit eben seine Bereitschaft einschließt, auf ihre durch niemanden ersetzbare Antwort
zu 'warten' (und auf sie seinerseits antwortend einzugehen). Durch diese Selbstbindung
und die ihr implizite Bereitschaft, sich zeitlich bestimmen zu lassen, hört Gott - der die
Zeit von ihrer Zukunft her konstituierende Ursprung - indessen nicht auf, der Zeit und
aller zeitunterworfenen Wirklichkeit mächtig und darin vom Menschen unterschieden
zu sein, der - trotz seiner Fähigkeit zur Dimensionierung der Zeit und zeitüberbrücken-
der Gegenwart - doch fundamental in der Zeit und ihr unterworfen ist und sich wesent-
lich auf zeitlich Gegebenes angewiesen findet...“


(Th. Pröpper, Theologische Anthropologie I, Freiburg 2. Aufl. 2012, 609f, Anm. 130)