Klaus Koch, Der Gott Israels und die Götter des Orients. Religionsgeschichtliche
Studien II (FS K. Koch) hg. v. F.
Hartenstein u. M. Rösel (Forschungen zur Re-
ligion und Literatur des Alten und Neuen Testaments 216) Göttingen 2007;


Dieser Band erscheint aus Anlass des 80. Geburtstags des Alttestamentlers Klaus Koch und versammelt eine
Reihe von in den vergangenen zwanzig Jahren zumeist bereits an anderen Orten erschienenen Aufsätzen des
Jubilars. Im Mittelpunkt der Studien - so die Herausgeber im Vorwort - stehen die Deutekategorien Mythos
und Monotheismus, "beides problemgeladene Begriffe, die bei Klaus Koch immer neu und anders an den Quel-
len differenziert und konkretisiert werden" (8). Einige der Beiträge sollen hier exemplarisch näher angeschaut
werden.

Der erste Beitrag enthält unter dem Titel "Der hebräische Gott und die Gotteserfahrungen der Nachbarvöl-
ker" eine Auseinandersetzung mit dem inklusiven und dem exklusiven Monotheismus im Alten Testament.
Ausgangspunkt ist die aktuelle Debatte um den Monotheismus und den - nicht erst seit Assmann - häufig vor-
gebrachten Anwurf, ein Monotheismus sei per se intolerant, wenn nicht gar gewalttätig. Tatsächlich - so for-
muliert auch Koch - ist der Polytheismus über lange Zeit die vorherrschende Religionsform unter den Hoch-
kulturen gewesen; und die erst recht junge Erscheinung des Monotheismus konnte sich "nur im Bannkreis der
Religion des späten alttestamentlichen Israel und seiner Nachfolger... so sehr ausbreiten, daß er für die gegen-
wärtigen Weltreligionen Christentum, Islam und Judentum zur selbstverständlichen Grundlage von Lehre und
Ritus geworden ist, sodaß heute für eine breite Öffentlichkeit Religion und Monotheismus nicht zufällig gleich-
bedeutend geworden sind" (10). Dabei gilt Koch als biblischer Monotheismus die "Konzentration auf die Ver-
ehrung einer einzigen personhaften Gottheit" (11), wobei für ihn die Verehrung - und nicht im philosophischen
Sinne: das bloße für existent Halten - dieses Gottes im Mittelpunkt steht; er spricht deshalb auch - vielleicht
nicht ganz glücklich - von einem "praktischen Monotheismus" Israels bzw. einem Monotheismus mit "demo-
kratisch-egalitärem Zug" (11), durch welchen menschliche Existenz jetzt und hier ihre Erfüllung findet. Der
eine Gott, von dem biblisch die Rede ist, gibt "sich erst einem auserwählten Volk, letztlich aber der ganzen
Menschheit zu erkennen als der, der mit seinem Geist wie Wind die Welt durchdringt, in der sie leben" (12).
Dabei hat sich dies - das wurde in den vergangenen Jahren häufig beschrieben - in der Geschichte Israels,
von der Vielgötterei über die Monolatrie bis hin zum Monotheismus allererst historisch-kulturell entwickelt.

In einem weiteren Beitrag behandelt Koch Monotheismus und politische Theologie bei einem israelitischen
Profeten im babylonischen Exil. Hierbei geht er erneut von Jan Assmann aus und dessen Hinweis darauf, dass
die politische Theologie, d.h. die "Konzeptionen einer Beziehung zwischen religiöser und politischer Ordnung",
"eine der aktuellsten, wichtigsten und offensten Fragen der Kulturwissenschaft überhaupt" darstellen (294). Der
allmählich gewachsene biblische Monotheismus - so Koch - wird in keiner alttestamentlichen Schrift "so pro-
grammatisch herausgestellt wie in Jes 40-55, jenen Kapiteln, deren Verfasser die Wissenschaft den Kunstnamen
Deuterojesaja gegeben hat" (294). Im ersten Teil dieses Abschnitts (Jes 40-48) ist die Rede vom unvergleichli-
chen Siegeszug eines jungen Königs (wahrscheinlich Kyros in Kleinasien) aus einem bis dahin unbedeutenden
Volk. Der Gott Jahwe - so Deuterojesaja - entfaltet seine universale Macht über die Welt mit Hilfe dieses Kö-
nigs und seines Eroberungskrieges; dieser diene einem höheren Zweck und diene - natürlich erst langfristig und
hoffentlich - der allgemeinen Wohlfahrt, weil sie eine auf menschliche Gemeinschaftstreue und Sittlichkeit aus-
gerichtete Weltordnung mit sich bringe. Ob George W. Bush von hierher seine Wahnvorstellungen entwickelt,
auch er müsse mit Feuer und Schwert und über die Leichen Hunderttausender Unschuldiger der Welt eine neue
Ordnung aufzwingen und die Guten von den Bösen scheiden? Diese Parallelisierung ist nicht ganz auszuschlie-
ßen und wäre ein Indiz dafür, welche verheerenden Auswirkungen die Lektüre der Bibel durchaus auch haben
kann. - Hintergrund des Entstehens des biblischen Monotheismus ist jedenfalls "das alltägliche Staunen über das
Funktionieren des Kosmos, das auf einen überlegenen, steuernden göttlichen Willen schließen läßt" und die Vor-
stellung, dass auch die menschliche Geschichte in diese Schöpfungsordnung eingebettet ist und innerhalb dieser
"durch die gleiche überirdische Weisheit gelenkt" wird (319).

Ein weiterer Beitrag trägt den Titel "Vom Mythos zum Monotheismus im alten Israel". Ausgangsthese ist
hier, dass der Mythos - verstanden als ein Ensemble von Göttergeschichten - seiner Tendenz nach polytheis-
tisch und dass der Mythos für sämtliche Kulturen des Altertums unabdingbar gewesen sei. "Wo jedoch ein
Monotheismus aufkommt, verkümmern die Mythen" (321). Deshalb sei es in unserer Kultur nicht mehr mög-
lich, einen Polytheismus zu etablieren, auch wenn ihm einige Befürworter derzeit das Wort redeten. Aller-
dings seien sowohl der jüdische als auch der christliche Monotheismus differenzierte Monotheismen, die ne-
ben bzw. mit der Gottheit Engel, Heilige, als Gegenprinzip den Satan und im Christentum sogar einen ein-
geborenen Sohn zulassen. Die Einzigkeit des monotheistischen Gottes beziehe sich als auf ein "alleiniges Zen-
trum religiöser Verehrung" (323), nicht notwendig auch auf nur eine göttliche oder gottähnliche Gestalt. Dies
sei im Islam anders; hier sei jede "Beigesellung" einer weiteren Person zum absoluten Gott, die größte Sün-
de, die Menschen begehen können. Im Alten Testament werde zwar durchaus in verschiedenen Zusammen-
hängen (etwa der Weltentstehung oder des Sonnenlaufes) in mythischer Weise gesprochen, der Monotheismus,
insbesondere der deuterojesajanische, lasse den Mythos aber "farblos" werden (354). Auch der monotheisti-
sche Gott lasse sich aber lediglich erkennen, nicht begreifen; weitere noch sehr unterschiedliche Weisen, sich
sprachlich diesem Gott zu nähern, seien zu erwarten.

Wie aus diesen drei beispielhaft herausgegriffenen Beiträgen ersichtlich, entwickelt der Autor im Ausgang
von alttestamentlichen Inhalten und Erörterungen Thesen und Pointierungen, die auch darüberhinaus von sys-
tematischem Interesse sind und zu weiterem systematischem Fragen einladen. Inbesondere zu der aktuellen
Diskussion um den Monotheismus gibt das Buch wichtige Informationen und Anregungen.

Herbert Frohnhofen, 11. Oktober 2007