Strübinds Artikel setzt zwei Schwerpunkte: (1) Die Entstehung des
Monotheismus und (2) die Möglich-
keit einer Religionsfreiheit in der Bibel. Die Entstehung des alttestamentlichen Monotheismus
wird als
ein Geschehen in drei Etappen beschrieben: (a) Monolatrie (dauerhafte Verehrung eines Gottes durch
eine
bestimmte Gruppe, bei gleichzeitiger Akzeptanz von Göttern anderer Gruppen), Synkretismus (Ver-
mischung von
verschiedenen Religionen zu einem neuen Weltbild) und Jahwesierung (Übereignung
fremder Glaubensüberlieferungen
an Jahwe). Bis hier wird diese Entwicklung als „altorientalischer Mainstream“ bezeichnet.
Im Übergang von exilischer und nachexilischer Zeit kommt es nach Strübind
zur entscheidenden Wen-
de. Das (Wieder-) Entdecken der prophetischen Schriften mit ihrer Kritik am Synkretismus und
dem
Postulat der Einzigkeit Jahwes, trifft auf die aufkommende hellenistische Kultur und ihre Götterwelt.
Für
Strübind schafft sich Israel im Monotheismus ein Ventil, um dem Druck der Hellenisten Stand zu
halten. Der Monotheismus wird
zum Protest.
In Bezug auf die Religionsfreiheit macht Strübind deutlich, dass Religionsfreiheit,
wie wir sie heute ver-
stehen, für das altorientalische Denken unmöglich war. Dennoch geht Strübind der
Frage nach, ob Israel
gegenüber Jahwe Religionsfreiheit besaß. Diese Frage wird verneint, da die nötige Freiheit
für eine sol-
che Wahl nicht als gegeben angesehen wird. Israel besitzt demnach nur die Möglichkeit, Jahwe zu dienen
und so
das Heil zu erlangen oder ihm nicht zu dienen und damit das eigene Heil abzulehnen. Strübind
bringt seine These mit folgendem
Satz auf den Punkt: Israel wählt nicht, weil es erwählt ist. Das Motiv
"Heil annehmen oder ablehnen" zieht
sich für Strübind vom Alten Testament bis zum Neuen Testament.
Diese Art von Wahlfreiheit wird als negative Religionsfreiheit
verstanden. Neben der negativen Religions-
freiheit gibt es aber auch eine positive Religionsfreiheit. In
dieser Art von Religionsfreiheit findet sich nach
Strübing die Verknüpfung von Monotheismus und Religionsfreiheit.
Denn wie der Monotheismus Israel
von einer vielschichtigen Götterwelt befreit, so befreit Jesus den Menschen von
allen Religionen zu einem
eigenständigen Glauben. Diese Religionsfreiheit befreit also von Religionen und ihren Forderungen.
Dem-
entsprechend müsse nach Strübind der christliche Glaube auf alle Arten von Dogmen und andere Erkennt-
nisquellen
außer der Bibel verzichten, da Jesus von ihnen befreien wollte.
Meine zusammenfassende Einschätzung ist: Strübinds Erläuterungen
zur Entstehung des Monotheismus
sind durchaus plausibel. Auch die Entwicklungsebenen entsprechen denen, wie sie zur Zeit
in der For-
schung vertreten werden. Kritischer müssen die Passagen über die Religionsfreiheit gesehen
werden. Hier
ist es meines Erachtens Kim Strübind nicht gelungen, nachvollziehbare Schlüsse zu ziehen. Im übrigen
lassen seine Thesen, besonders bezüglich der positiven Religionsfreiheit, seine konfessionelle Heimat
deutlich hervortreten.