Theologie-Systematisch
Gotteslehre
§12.
Leid und Böses in der Welt/
Allmacht/Autorität/Geduld/Toleranz
Gottes
Texte-Allmacht
"Angesichts
alles Schrecklichen, was in der Welt geschieht, gibt es heute
Theologen, die sagen, Gott könne gar nicht allmächtig sein. Demgegen-
über bekennen wir uns zu Gott, dem Allmächtigen, dem Schöpfer
des Him-
mels und der Erde. Und wir sind froh und dankbar, dass er allmächtig
ist.
Aber wir müssen zugleich uns bewusst werden, dass er seine Macht anders
ausübt, als wir Menschen es zu tun pflegen. Er hat seiner Macht selbst
ei-
ne Grenze gesetzt, indem er die Freiheit seiner Geschöpfe anerkennt."
"gerade dadurch,
daß er (d.i. Gott) bis zur wehrlosen Machtlosigkeit der Liebe
hinabsteigt, zeigt er, was wahre Größe ist, ja was es heißt,
Gott zu sein"
(P. Benedikt XVI., Die Taufe
- der Weg, auf dem Jesus für uns zugänglich wird.
Predigt am 11. Januar 2009, in: L'Osservatore Romano 4/2009, 9)
"Gott hat sich
klein gemacht für uns. Gott kommt nicht mit äußerer Macht,
son-
dern er kommt in der
Ohnmacht seiner Liebe, die seine Macht ist. Er gibt sich in
unsere Hände. Er bittet um unsere Liebe. Er lädt uns ein,
selbst klein zu werden,
von unseren hohen
Thronen herunterzusteigen und das Kindsein vor Gott zu er-
lernen. Er bietet uns das Du an. Er bittet, daß wir ihm vertrauen und so
das Sein
in der Wahrheit und in der Liebe erlernen."
(P. Benedikt XVI, Ansprache
in Mariazell am 8. September 2007, L'Osserv. Romano 37/07, 10f)
Macht unter den Bedingungen
der Welt ist stets Akkumulation ihrer selbst und
Ausübung von
Zwang; sie kann sich selbst nicht anders als solche Macht wollen.
Darin
liegt ihre Unfreiheit.
Darin liegt ihre Gefahr, aber auch ihre Überholtheit,
die sich dem zeigt, für
den die Macht der Liebe Wirklichkeit geworden ist"
(Martin Hailer, Gott
und die Götzen. Über Gottes Macht angesichts der lebensbestimmenden
Mächte (Forschungen zur systematischen
und ökumenischen Theologie 109) Göttingen 2006, 309f)
Die Tatsache, dass "Gott sich in Jesus Christus selbst als eins mit der Vergäng-
lichkeit festlegt,
zeigt einen grundlegenden Unterschied seiner Macht zu allem,
was sich unter uns
als machtförmig geriert. Dieses nämlich sucht gerade seine
eigene Vergottung und Unvermeidlichkeit, Gottes Macht aber ist die der Herab-
neigung und der Durchkreuzung solcher Machtansprüche."
(Martin Hailer, Gott
und die Götzen. Über Gottes Macht angesichts der lebensbestimmenden
Mächte (Forschungen zur systematischen
und ökumenischen Theologie 109) Göttingen 2006, 308)
"Das Höchste, das überhaupt für
ein Wesen getan werden kann, höher als alles,
wozu es einer machen kann,
ist es, frei zu machen. Eben dazu gehört Allmacht,
um das tun zu können.
Das scheint sonderbar, da gerade die Allmacht abhängig
machen sollte. Aber wenn man
die Allmacht denken will, wird man sehen, daß
gerade in ihr die Bestimmung
liegen muß, sich selber so wieder zurücknehmen
zu können in der Äußerung
der Allmacht, daß gerade deshalb das durch die
Allmacht Gewordene unabhängig
sein kann. Darum geschieht es, daß der eine
Mensch einen andern nicht ganz
frei machen kann,... da in aller endlichen
Macht (Begabung usw.) eine
endliche Eigenliebe ist. Nur die Allmacht kann
sich selber zurücknehmen,
während sie hingibt, und dieses Verhältnis ist gerade
die Unabhängigkeit des
Empfängers. Gottes Allmacht ist darum seine Güte.
Denn Güte ist, ganz hinzugeben,
aber so, daß man dadurch, daß man allmählich
sich zurücknimmt, den
Empfänger unabhängig macht. Alle endliche Macht macht
abhängig, nur die Allmacht
kann unabhängig machen, aus nichts hervorbringen,
was Bestand hat in sich dadurch,
daß die Allmacht beständig sich selber zurück-
nimmt... Dieses ist das Unbegreifliche,
daß die Allmacht nicht bloß das Imposan-
teste von allem hervorzubringen
vermag: ein gegenüber der Allmacht unabhängiges
Wesen. Daß also die Allmacht,
die mit ihrer gewaltigen Hand so schwer auf der Welt
liegen kann, zugleich so leicht
sich machen kann, daß das Gewordene Unabhängig-
keit erhält... Nur die
Allmacht vermag es in Wahrheit."
(S. Kierkegaard, Tagebücher, München
1949, 216f)
"Wer mit einer Allmacht Gottes rechnet, nach
der Gott jederzeit alles anders
wollen oder machen könnte als es ist, der ist beim biblischen Gott
an der fal-
schen Adresse - der mag sich einen Gott suchen, der in seinem Sinne
allmäch-
tig ist. Der biblische Gott ist dieses nicht und will es offenbar auch
nicht sein."
(K. BERGER, Jesus, München
2004, 276)
"Gerade weil Gottes
Allmacht in der Liebe besteht, die unendlich lange war-
ten kann, leidet Gott an dieser seiner Liebe
(leidet er an seiner Allmacht),
solange sich auch nur ein einziges freies
Wesen dem Ruf Gottes verweigert"
(Th.
Fößel, Gott - Begriff und Geheimnis. Hansjürgen Verweyens
Fundamental-
theologie und die ihr
inhärente Kritik an der Philosophie und Theologie Karl
Rahners (Innsbrucker Theologische
Studien 70) Innsbruck-Wien 2004, 485)