Theologie-Systematisch
Gotteslehre
§12. Leid und Böses in der Welt/
Allmacht/Autorität/Geduld/Toleranz Gottes
Texte-Allmacht
"Angesichts alles Schrecklichen, was in der Welt geschieht, gibt es heute
Theologen, die sagen, Gott könne gar nicht allmächtig sein. Demgegen-
über bekennen wir uns zu Gott, dem Allmächtigen, dem Schöpfer des Him-
mels und der Erde. Und wir sind froh und dankbar, dass er allmächtig ist.
Aber wir müssen zugleich uns bewusst werden, dass er seine Macht anders
ausübt, als wir Menschen es zu tun pflegen. Er hat seiner Macht selbst ei-
ne Grenze gesetzt, indem er die Freiheit seiner Geschöpfe anerkennt.
"


(P. Benedikt XVI., Predigt in Freiburg am 25. September 2011)

"gerade dadurch, daß er (d.i. Gott) bis zur wehrlosen Machtlosigkeit der Liebe
hinabsteigt, zeigt er, was wahre Größe ist, ja was es heißt, Gott zu sein"

(P. Benedikt XVI., Die Taufe - der Weg, auf dem Jesus für uns zugänglich wird.
Predigt am 11. Januar 2009, in: L'Osservatore Romano 4/2009, 9)

"Gott hat sich klein gemacht für uns. Gott kommt nicht mit äußerer Macht, son-
dern er
kommt in der Ohnmacht seiner Liebe, die seine Macht ist. Er gibt sich in
unsere Hän
de. Er bittet um unsere Liebe. Er lädt uns ein, selbst klein zu werden,
von unseren ho
hen Thronen herunterzusteigen und das Kindsein vor Gott zu er-
lernen. Er bietet uns das
Du an. Er bittet, daß wir ihm vertrauen und so das Sein
in der Wahrheit und in der Lie
be erlernen."

(P. Benedikt XVI, Ansprache in Mariazell am 8. September 2007, L'Osserv. Romano 37/07, 10f)

Macht unter den Bedingungen der Welt ist stets Akkumulation ihrer selbst und
Ausü
bung von Zwang; sie kann sich selbst nicht anders als solche Macht wollen.
Darin liegt
ihre Unfreiheit. Darin liegt ihre Gefahr, aber auch ihre Überholtheit,
die sich dem zeigt,
 für den die Macht der Liebe Wirklichkeit geworden ist"

(Martin Hailer, Gott und die Götzen. Über Gottes Macht angesichts der lebensbestimmenden
Mächte (Forschungen zur systematischen und ökumenischen Theologie 109) Göttingen 2006, 309f)

Die Tatsache, dass "Gott sich in Jesus Christus selbst als eins mit der Vergäng-
lichkeit
festlegt, zeigt einen grundlegenden Unterschied seiner Macht zu allem,
was sich unter
uns als machtförmig geriert. Dieses nämlich sucht gerade seine
eigene Vergottung und
Unvermeidlichkeit, Gottes Macht aber ist die der Herab-
neigung und der Durchkreuzung
solcher Machtansprüche."

(Martin Hailer, Gott und die Götzen. Über Gottes Macht angesichts der lebensbestimmenden
Mächte (Forschungen zur systematischen und ökumenischen Theologie 109) Göttingen 2006, 308)

"Das Höchste, das überhaupt für ein Wesen getan werden kann, höher als alles,
wozu es einer machen kann, ist es, frei zu machen. Eben dazu gehört Allmacht,
um das tun zu können. Das scheint sonderbar, da gerade die Allmacht abhängig
machen sollte. Aber wenn man die Allmacht denken will, wird man sehen, daß
gerade in ihr die Bestimmung liegen muß, sich selber so wieder zurücknehmen
zu können in der Äußerung der Allmacht, daß gerade deshalb das durch die
Allmacht Gewordene unabhängig sein kann. Darum geschieht es, daß der eine
Mensch einen andern nicht ganz frei machen kann,... da in aller endlichen
Macht (Begabung usw.) eine endliche Eigenliebe ist. Nur die Allmacht kann
sich selber zurücknehmen, während sie hingibt, und dieses Verhältnis ist gerade
die Unabhängigkeit des Empfängers. Gottes Allmacht ist darum seine Güte.
Denn Güte ist, ganz hinzugeben, aber so, daß man dadurch, daß man allmählich
sich zurücknimmt, den Empfänger unabhängig macht. Alle endliche Macht macht
abhängig, nur die Allmacht kann unabhängig machen, aus nichts hervorbringen,
was Bestand hat in sich dadurch, daß die Allmacht beständig sich selber zurück-
nimmt... Dieses ist das Unbegreifliche, daß die Allmacht nicht bloß das Imposan-
teste von allem hervorzubringen vermag: ein gegenüber der Allmacht unabhängiges
Wesen. Daß also die Allmacht, die mit ihrer gewaltigen Hand so schwer auf der Welt
liegen kann, zugleich so leicht sich machen kann, daß das Gewordene Unabhängig-
keit erhält... Nur die Allmacht vermag es in Wahrheit."
 
(S. Kierkegaard, Tagebücher, München 1949, 216f)

"Wer mit einer Allmacht Gottes rechnet, nach der Gott jederzeit alles anders
wollen oder machen könnte als es ist, der ist beim biblischen Gott an der fal-
schen Adresse - der mag sich einen Gott suchen, der in seinem Sinne allmäch-
tig ist. Der biblische Gott ist dieses nicht und will es offenbar auch nicht sein."

 
  (K. BERGER, Jesus, München 2004, 276)

"Gerade weil Gottes Allmacht in der Liebe besteht, die unendlich lange war-
ten kann, leidet Gott an dieser seiner Liebe (leidet er an seiner Allmacht),
solange sich auch nur ein einziges freies Wesen dem Ruf Gottes verweigert"

(Th. Fößel, Gott - Begriff und Geheimnis. Hansjürgen Verweyens Fundamental-
theologie und die ihr inhärente Kritik an der Philosophie und Theologie Karl
Rahners (Innsbrucker Theologische Studien 70) Innsbruck-Wien 2004, 485)