Jürgen Werbick, Gott verbindlich. Eine
theologische Gotteslehre, Freiburg/Brsg. 2007;

In der Einführung zu diesem umfangreichen Werk von knapp 700 Seiten lässt der bekannte Münstera-
ner systematische Theologe all jene Bedenken und (Vor)Urteile anklingen, die heute einer auf Verbind-
lichkeit pochenden Gotteslehre entgegenschlagen können und oftmals auch tatsächlich begegnen: Eine
postmoderne - und so überaus bequeme - Beliebigkeit hat sich ja nahezu aller Bereiche unserer Wohl-
standsgesellschaft bemächtigt und macht konsequenter Weise auch vor der Theologie, insbesondere hier
der Gotteslehre nicht halt. Soll und kann überhaupt von und über Gott gelehrt gesprochen werden? Ist
es nicht vielmehr wichtig, jedem sein Gefühl und seinen individuellen Zugang zu Gott zu lassen, ja die-
sen gerade zu unterstützen? Ja, das ist sicher richtig und hätte von W. sogar ausgeprägter gutgeheißen
werden können. Wo sonst, wenn nicht beim Individuum selbst soll und kann der Gottesbezug gelingen?
Wo und wie sonst soll er für den einzelnen Menschen heilvoll sein können? Und doch: Gerade weil ein
heilvoller Gottesbezug in dieser Welt dem Individuum oft verstellt ist, braucht es das Angebot des Evan-
geliums, braucht es den Glauben. Und dieser, in systematischer Weise entfaltet und für die Gegenwart
ausgelegt, führt nun einmal auch zu einer systematisch-theologischen Gotteslehre. Deshalb ist sie hilf-
reich, wichtig und heilvoll. So einfach ist das und von jedem Menschen guten Willens auch überaus
leicht nachzuvollziehen.

Unter der Überschrift "Gottes Namen" geht der ERSTE ABSCHNITT dem Umgang mit dem Wort
"Gott" nach sowie der Frage, was mit diesem Wort gemeint ist und in welchem Modus dieses durch das
Wort angesprochen wird. Angemessen - so Werbick - scheint es dem mit dem Wort "Gott" Gemeinten
am wenigsten, in der dritten Person über es/ihn zu sprechen: "Gott bleibt Subjekt. Er - hier groß geschrie-
ben, um die Unangemessenheit des Redens in der dritten Person wenigstens anzudeuten - geht uns unbe-
dingt an" (23). Die in der Folge - aus allzu großer Ehrfurcht (?) - etwa von Dionysius Areopagita gewähl-
te Lösung der sogenannten apophatischen oder negativen Theologie hat hingegen auch ihre Tücken; denn:
wird nicht gerade durch das Absprechen einzelner Attribute der entsprechende Gegenstand auch näher be-
stimmt? In der Folge wird das vor allem von Thomas von Aquin gelehrte analoge Sprechen von Gott er-
läutert, hierbei aber auch auf die Gefahr verwiesen, Gottes Sein und "Herrschen" mit demjenigen des Men-
schen zu verwechseln. Die Problematik der Rede von einer "Erkenntnis" Gottes wird aufgewiesen sowie
die hiermit verbundene Gefahr, Gott vor den Richterstuhl der eigenen, der menschlichen Vernunft zu zie-
hen. Von hierher wäre es dann nicht mehr weit bis dahin, Gott als "Lückenbüßer unserer unvollkommenen
Erkenntnis" (Bonhoeffer/45) zu deuten bzw. ihm insoweit eine Daseins- und Verehrungsberechtigung zu-
zusprechen, als sich sein Nutzen bzw. seine Notwendigkeit für das menschliche Leben nachweisen ließe.
Vor diesem Hintergrund kommt W. mit Recht auf Meister Eckhart zurück sowie auf dessen - nicht von
jedem Gläubigen auch heute recht verstandenen - wunderbaren Diktum von der "Nutzlosigkeit" Gottes:
"Dieses radikal konsequente Sprechen vom 'nutzlosen' Gott ist für den kirchlichen Glauben der Vielen wie
der Kirchen-Oberen von Anfang an irritierend und ärgerlich gewesen" (54). Gleichwohl ist es einzig ange-
messen; denn W. erläutert zu Recht: "Wenn die Menschen sich tatsächlich von der Liebe zu Gott ergrei-
fen lassen und ergriffen sind, so kennt sie kein Motiv ihres Sich-Verhaltens zu Gott mehr, das nicht selbst
diese Liebe wäre" (55). Gott selbst bleibt mithin für uns das "namenlose Geheimnis" (Rahner), das selbst
unumgreifbar und als Geschenk gegeben ist. Lebendige Metaphern sind es vielleicht einzig, die in einer
"Sprache der Überraschung" diesem Geschenk am ehesten gerecht werden können.

"Gotteserkenntnis und Erkenntnis der Welt" sind Thema des ZWEITEN ABSCHNITTS. Im Ausgang
von der Erkenntnis, dass subjektive Betroffenheit (durch Affekte oder religiösen Glauben) die Welt in
bestimmter Perspektive betrachten lässt, verstehen einzelne Autoren - wie beispielsweise der jüngst ver-
storbene Richard Rorty oder die Religionspluralisten Paul F. Knitter und John Hick - religiös motivierte
wie Aussagen über mitmenschliche Liebesbeziehungen als solche, in Bezug auf die ein Wahrheitsanspruch
nicht erhoben werden kann und soll. W. macht aber zu Recht darauf aufmerksam, dass zwischen beiden
ein gravierender Unterschied besteht, insofern die Gottesbeziehung Menschengruppen prägt, während ei-
ne mitmenschliche Liebesbeziehung in der Regel höchst individuell gestaltet ist. Auch wenn es hinsicht-
lich der verwendeten Begrifflichkeit etwas geringschätzend erscheinen mag, religiöse Aussagen als (ledig-
lich) "'weiche Überzeugungen' mit hohem Subjektivitätsanteil" von "'harten' Überzeugungen" abzugrenzen,
die auf Wissen beruhen (83), ist die hiermit aufgenommene Fährte wohl zielführend, religiöse Überzeu-
gungen als einen weltanschaulichen Rahmen zu verstehen, in den auf Erfahrung beruhende Erkenntnis ein-
geordnet wird. Dass solcherart weltanschauliche Überzeugungen "im Blick auf die Güte der Impulse ratio-
nal zu diskutieren (sind), die von ihnen freigesetzt werden" (86), liegt auf der Hand und muss nicht wirk-
lich mit einem "nur" (J.W.) kommentiert werden. Diese Art des rationalen Vergleichs weltanschaulicher/
religöser Konzepte ist zumindest seit frühester kirchlicher Tradition (vgl. etwa die Apologie des Aristides
von Athen) ausgesprochen geläufig und plausibel. Die vor diesem Hintergrund als Ergänzung, wenn nicht
als Alternative angeführte Tradition der sogenannten Gottesbeweise verfängt schon deshalb nicht als zurei-
chende Begründung für einen christlich geprägten Gottesglauben, weil diese Art von "Beweisen" immer
schon lediglich auf die Demonstration des "Daseins" eines Gottes (was immer dies auch sein mag), nicht
aber auf eine spezifisch christlich geprägte Offenbarung gerichtet war und ist. Richtig ist freilich, dass nur
die Idee einer der Welt in Liebe gegenüber stehenden und dem Menschen damit Freiheit ermöglichenden
Gottheit diesen auch den Horizont der Wahrheitserkenntnis zu eröffnen vermag und dass vor diesem Hin-
tergrund jegliche Leugnung des christlich-trinitarischen Gottesglaubens in noch weit größere Aporien führt
als dessen demütige Akzeptanz.

Gottes Einheit und Einzigkeit sind Thema des DRITTEN ABSCHNITTS. Im Ausgang von der traditio-
nellen Metaphysik erläutert W. die Idee der Einheit als "Ur-Intuition griechischen Gottdenkens" und "Sig-
natur aller Eigenschaften, die dem wahrhaft Vollkommenen zugesprochen werden dürfen", so dass sie für
"die frühe christliche Theologie ein willkommenes, geradezu selbstverständlich angetretenes Erbe" wurde
(141). Ausgeschlossen war damit für diese Tradition nicht nur ein grundlegender Dualismus (etwa eines
guten und eines bösen Prinzips), sondern auch jeglicher Polytheismus. Letzterer freilich wird in der (im-
mer noch) aktuellen Monotheismus-Kritik (von Nietzsche über Walser bis Assmann) zu neuen Ehren er-
hoben ("Lob des Polytheismus"/Marquard). Der biblische Alleingottglaube - so die Kritik - führe erst zur
Unterscheidung von Wahrheit und Falschheit, von Gut und Böse und mache damit aus Menschen, die doch
nur das unmittelbar Naheliegende genießen wollen, dürfen und sollen, allererst Schuldner und Sünder, de-
nen eine unangemessene Glaubensleistung abverlangt werde. Der Monotheismus unterdrücke "'die Polypho-
nie des wirklichen Lebens'", um die 'Monotonie einer imaginären Offenbarung' durchzusetzen" (149, mit
Bezug auf Andre Dumas); das "neue Heidentum" hingegen trete für die Letztgültigkeit des vielfältig Na-
hen ein, für Weltfrömmigkeit statt einer Erlösung im Jenseits. W. hält dem entgegen, dass die Rede von
einer "monotheistischen Weltentfremdung" überzogen sei und dass es der jüdisch-christlichen Tradition
vielmehr darum gehe, hinter dem unmittelbar Welthaften "Gottes Schöpfungsintention" zu entdecken und
von daher die Wahrheitsfrage zu stellen und zu beantworten (160). Dabei liegt es auf der Hand und hätte
von W. sicher noch etwas ausgeprägter pointiert werden können, dass insbesondere die Unterdrückten,
Entrechteten und an den Rand Gedrängten diese Frage nach Gerechtigkeit und Wahrheit umtreibt, wäh-
rend der neuheidnische Appell zum blinden Genießen des Unmittelbaren und Naheliegenden schlechter-
dings nichts anderes bedeutet als das unsolidarische Prassen der Reichen trotz aller Not der Anderen (denn
wie sagte ein berühmter Koch-"Papst" einmal in ähnlicher Ignoranz und Arroganz: "Damit, dass und wie
Gänse gestopft werden, muss ich einfach mal abschließend fertig werden, dann kann ich ihre wunderbare
Leber über Jahre bestens genießen.")

Unter der Überschrift "Gottes-Räume, Gottes-Zeiten, Gottes-Gegenwart" behandelt der VIERTE AB-
SCHNITT Gottes Gegenwart, Ewigkeit und Handeln in der Welt. Ausgangspunkt ist hierbei die in der
theologischen Tradition fest verankerte Lehre von der Präsenz Gottes in allen Dingen, "da er ihnen ihr
Dasein verliehen hat und sie fortdauernd im Dasein erhält" (228). Beim Menschen ereignet sich dies als
"Einwohnung" in seiner Seele, so dass - nach Meister Eckhart - Gottes Wille immer mehr zu demjenigen
des Menschen wird, so weit dieser dem nicht seinen eigenen Willen entgegenstellt. Die Liebe selbst nimmt
dann den Menschen in Besitz und findet so Orte und Zeiten, "in denen sie sich begreiflich macht" (232).
Gottes Ewigkeit - so ebenfalls bereits antike Lehrtradition - umfasst alle Zeit. So sehr freilich die göttli-
che Ewigkeit gleichbleibende jedwede Vollkommenheit meint, ist das "Zeitliche... darin unvollkommen,
dass die Fülle des Lebens hier nicht im Zugleich vollzogen werden kann, sondern - und das auch nur in
begreztem Ausmaß - im Nacheinander" (240). Das göttlich vollkommene Eine ist aber "in sich Liebe und,
da Güte und Liebe nicht anders können als sich zu verströmen, unerschöpfliches Sich-selbst-Verströmen,
Selbstmitteilung" und dies als trinitarische (246), die sich ihrerseits an die geschöpfliche Welt verschenkt.
Denn: "Als der trinitarische ist Gott der Zeit gegenwärtig: als der alle Zeiten und alles Leben konzentrie-
rende und intensivierende" (283). Wo freilich die Zeit zur Not für den Menschen wird, bleibt ihre Erfül-
lung durch die göttlich vollkommene Liebe aus oder zumindest ausgesprochen mangelhaft. Ein Druck
entsteht, die Zeit - als "letzte Gelegenheit", in "rasendem Stillstand" und extremer Beschleunigung - mü-
hevoll durch anderes zu füllen; und es bleiben doch - oder gerade deshalb - Unzufriedenheit und Leere
zurück. Gottes Handeln in der Welt geschieht dann dort, "wo sich den Glaubenden und nach dem Glau-
ben Suchenden eine Handlungs- und Lebensperspektive schenkt, in die sie sich mit guter Hoffnung und
Leidenschaft hineinwagen, ein Weg in die Zukunft ihres Lebens, den sie als schlechthin verheißungsvolle
Herausforderung ergreifen können" (325). Richtig und unmittelbar verständlich ist deshalb, "dass Gottes
Handeln nicht zum Handeln und zum Subjektwerden der Menschen in Konkurrenz tritt" (325).

"Der Allmächtige und die Kreativität seiner Liebe" lautet die Überschrift des FÜNFTEN ABSCHNITTS.
Im Ausgang vom Bilderverbot des AltenTestamentes einerseits sowie vor allem der göttlichen Befreiungs-
macht andererseits diskutiert W. das geschichtliche Handeln des als "allmächtig" geglaubten und bekann-
ten Gottes in der jüdisch-christlichen Tradition. Dabei steht außer Frage, dass das alttestamentlich fundier-
te Verständnis eines sehr ausgeprägten rettenden Eingreifens Gottes in die Geschichte heute "theodizeesen-
sibel" zu betrachten und "nach Auschwitz" zwangsläufig erheblich zu modifizieren ist. Damit ist das Den-
ken Gottes selbst in zentralen Bereichen neu angefragt; und es überrascht nicht, dass bereits in den vergan-
genen Jahrzehnten das Verhältnis des jüdisch-christlich geglaubten Gottes zum Leiden im allgemeinen, ja
die Frage des eigenen Betroffenseins hierdurch im Besonderen historisch wie systematisch vielfältig zur
Diskussion stand. Das altgriechische Dogma der göttlichen Apatheia jedenfalls ist für den jüdisch-christ-
lich geglaubten Gott keineswegs haltbar und stattdessen - nach dem Vorbild Jesu - in Richtung sowohl ei-
ner Identifikation Gottes mit dem Leiden als auch einer Art bleibender "Souveränität" diesem gegenüber
zu modifizieren. Der bis heute - trotz allem und zu Recht - das christliche Glaubensbekenntnis nachhaltig
prägende Allmachtsbegriff ist vor diesem Hintergrund zwangsläufig - aber auch eine neue Qualität dar-
stellend - als All-Ohnmacht der Liebe zu verstehen, die all ihre alles andere überragende, verändernde
Gestaltungskraft dort entwickelt, wo sie akzeptiert wird und so zur Entfaltung gelangen kann, die aber
gänzlich ohnmächtig in unendlich (mit)leidender Liebe dort verharrt, wo der Mensch in seiner oftmals
unbegreiflichen Hybris sich selbst als Herr über Leben und Tod profiliert. Die gerade von diesem Men-
schen auf oftmals vermeintlich ach so schlaue Weise traktierte Theodizeefrage wendet sich damit just an
diesen selben Menschen zurück und mag mit großen und ungläubigen Augen wohl neugierig danach fra-
gen, warum der Mensch sich - und vor allem den anderen - nur allzu oft selbst das Grab schaufelt, in das
er dann in seinem Wahn auch noch selbst hineinstolpert.

"Gottes guter Wille", so die Überschrift des SECHSTEN ABSCHNITTS, ist nach wie vor ein - wenn
auch mitunter banalisiertes - Thema für viele Menschen. Und: Er wird oft dem Willen des Menschen ent-
gegengesetzt. Schopenhauer und Nietzsche vollbrachten dies auf ihre je eigene Weise; auch heute fragen
aber viele Zeitgenossen recht kritisch nach dem göttlichen Willen, nicht zuletzt angesichts eines verhee-
renden Tsunami just zum Weihnachtsfest 2004. In sehr ausführlicher und gut nachvollziehbarer Weise
verhandelt W. die ebenso schwierige wie aktuelle Frage nach der menschlichen Willensfreiheit und grenzt
diese zu Beginn vom bloß negativen Verständnis derselben als der Freiheit vom Zwang oder auch der
Willkür ab. "Eine gehaltvollere Bestimmung dieses negativen Freiheitsverständnisses", so W., "ergibt sich
schon daraus, dass man die damit ver-bundenen menschlichen Erfahrungen und Hoffnungen genauer und
situationsbezogener beschreibt" (446). Und so erläutert W. das vitale Lebenwollen ebenso wie das von an-
deren unterscheidende und auch Sollensansprüche produzierende Selbstseinwollen des Menschen. Freiheit
kann nun in Verbindung gebracht werden mit dem Zustimmen zum Wertvollen: "Freiheit geschieht... in
der Versöhnung von Wollen und Sollen" (453). Freilich: die Sünde zieht den Menschen in ihren Bann, be-
herrscht ihn mit der ihm zugefügten Neigung zum Bösen: Der von der Sünde verdorbene Mensch wird
zum freien Tun des Guten unfähig und behält doch - so konstatiert es ja das Tridentinum gegen Luther -
eine letzte Möglichkeit des Sich-distanzieren-Könnens von einer vollständigen Durchseuchung durch die
Sünde. Gottes liebevoller und anerkennender Geist schafft jedoch Befreiung aus diesem Elend und führt
den Menschen in jene höchste Form der Freiheit, welche die vollständige Zustimmung zum Werden des
Selbst bedeutet, das mit der Notwendigkeit der Liebe gelebt wird. So fallen in der wahren Freiheit Got-
tes guter und des Menschen freier Wille in eine unverbrüchliche Einheit zusammen, in der die immer wie-
der konstruierten oder auch erlebten Gegensätze zwischen beidem endgültig aufgehoben sind. Selbst die
oftmals allzu schwierigen Theologumena zu Gericht, Tod und Gottes Gerechtigkeit haben vor diesem
Hintergrund eine allererste Chance, Verständnis bei uns Menschen zu finden.

Das SIEBTE und letzte KAPITEL des Buches geht - wie könnte es anders noch sein - dem Trinitätsge-
heimnis nach. Auch hier diskutiert W. verschiedenste Einwände gegen diese Lehre: das christlich-jüdi-
sche Gespräch hierüber wird ebenso erwähnt wie die aktuelle Diskussion um die politischen Implikatio-
nen des Monotheismus, die Infragestellung des trinitarischen Gottesgedankens durch die pluralistische Re-
ligionstheologie ebenso wie die entsprechenden Anfragen von seiten einer negativen Theologie, das Pro-
blem der sog. Hellenisierung des Christentums ebenso wie die Anfragen an die einschlägige Verwendung
des Person-Begriffs. W. hält gegenüber alldem an der "Exposition" Gottes in Jesus Christus fest, am Welt-
immanent-Werden des transzendenten Gottes in diesem seinem "Sohn". Gott "identifiziert sich in diesem
(jesuanischen) Dasein in der Immanenz - für die Menschen,... damit sie das Leben haben und es in Fülle
haben" (544). Durch und in dieser Entäußerung des Sohnes aber öffnet sich Gott selbst für die Welt, "da-
mit die in dieser Welt Verlorenen und Obdachlosen zu Ihm kommen und in Ihm sein können" (549). Ne-
ben der Exposition Gottes in Jesus Christus geschieht damit eine heilvolle Inklusion der Welt in seinem
Pneuma: "Gott gibt den Verfolgten und von Lasten Bedrückten in sich den Raum, in dem die Macht der
Sünde nichts mehr vermag" (549). In und mit seinem Geist erfüllt Gott die Welt und die Menschen und
zieht alle an sich. Von göttlichen Personen in diesem Zusammenhang zu sprechen, bringt W. mit dem
"hörenden" Bezogensein der drei und auch der Menschen untereinander zusammen: "Personsein hat sei-
nen Sinn im Entsprechen" (587). Mitmenschliche Entsprechung wird als personkonstituierend erfahren;
und das Personsein Jesu, des Christus, ist gegründet in dem Hervorrufen, in dem Gott ihn zum Zeugen
des Logos werden lässt. "Jesu Menschsein wird ganz von diesem Zeuge-Sein in Anspruch genommen"
(589), so dass von einer vollständigen Entsprechung zwischen Jesu Mensch-Sein und dem göttlichen Lo-
gos gesprochen werden kann. Im Heiligen Geist ruft Gott jeden Menschen in seine ihm eigene Personali-
tät; er wirkt mithin personalisierend für den Menschen. Im Ganzen erweist sich die Trinitätstheologie als
Ausformulierung des gott-menschlichen Verhältnisses unter dem leitenden Gesichtspunkt der sich vollstän-
dig hinschenkenden Liebe. Bei aller Kritik, die an dieser Theologie angebracht werden mag, scheint zu-
mindest soviel klar, dass eine - auch nur annähernd - ähnliches leistende Kategorie des Denkens und Glau-
bens bisher - auch von ihren Kritikern - nicht vorgestellt wurde.

Im Ganzen liegt mit diesem Buch eine theologische Gotteslehre vor, deren differenzierte Gedankengänge
hier nur allzu äußerlich und lediglich zu einem sehr geringen Teil angedeutet werden konnten. Bei aller
Bezugnahme auf sowohl historische Grundlagen als auch gegenwärtige Infragestellungen gelingt es W.
eine Gotteslehre vorzulegen, deren innere Stringenz überzeugt und die den Glauben authentisch und gut
nachvollziehbar auslegt. Wer die Anstrengung nicht scheut, sich durch viele differenzierte, auch abseiti-
ge Wege benennende, Gedankengänge hindurchzuarbeiten, wird reich belohnt; eine auch nur annähernd
vergleichbare christliche Gotteslehre ist in deutscher Sprache derzeit nicht zu bekommen.

Herbert Frohnhofen, 21. Juni 2007