GOTT DENKEN UND BEZEUGEN (FS Walter Kasper)
hg.v. G. Augustin/K. Krämer, Freiburg u.a. 2008;

Diese Festschrift zum 75. Geburtstags des Kurienkardinals Walter Kasper enthält 32 Beiträge, die in vier Ab- schnitte gegliedert und alle auf die Gottesfrage hin fokussiert sind. Vorangestellt ist ein Geleitwort von Papst Benedikt XVI. Drei Beiträge seien hier exemplarisch genauer angeschaut.

MARKUS SCHULZE beschäftigt sich mit Blick vor allem auf Thomas von Aquin mit dem Problem, ob die unmittelbare Anschauung Gottes dem Menschen möglich sei. Dabei steht am Beginn zudem die Frage, ob Thomas selbst hierzu einen Widerspruch im Wesen des Menschen behauptet (nämlich: der Mensch wolle die Anschauung Gottes, könne sie aber grundsätzlich nicht erreichen) oder nicht. Dem, so der Autor, wird theolo- gisch häufig dadurch zu begegnen versucht, dass die eschatologisch mögliche Gottesschau als eine solche be- zeichnet wird, die allein durch die Gnade Gottes möglich sei. Dies behebe jedoch das Ausgangsproblem nicht: Da alles Erkennen nach Thomas nur nach der Maßgabe des Erkennenden möglich sei und Thomas darauf Wert lege, dass auch die erhoffte endgültige Gottesschau eine tatsächlich dem Menschen gegebene sei, bleibe das Ausgangsproblem bestehen. Auch verschiedene zeitgenössische Kritiker des Thomas, insbesondere Johannes Duns Scotus, wiesen darauf hin, dass selbst durch die Gnade Gottes des Menschen Wesen und damit seine be- schränkte Erkenntnisfähigkeit in Bezug auf Gott nicht aufgehoben werde. In der Summa Contra Gentiles korri-
gierte bzw. präzisierte Thomas deshalb wie folgt: "In Übereinstimmung mit ihrer Natur gelangen die vernunft-
begabten Geschöpfe zu einer höheren Teilhabe am Ziel welches Gott ist"
(IIIc 117). Dies bedeutet, dass Thomas hier der menschlichen Natur eben doch zugesteht, für die Wahrnehmung Gottes nicht ganz unfähig zu sein. Nach der These M. Schulzes ist dies so zu verstehen, dass der Mensch aufgrund seiner eigenen ihm gegebenen Möglichkeiten nicht erreichen könne, dass allerdings aufgrund "wartend-empfangender Haltung" (406) der Mensch durchaus für die eschatologische Schau Gottes geöffnet werden könne. Oder zusammenfassend: "Escha- tologische Visio ist jenseits der Vollzugskräfte der operativen Natur des Menschen..., aber nicht außerhalb des Sinnhorizonts und Bezugsfeldes seiner quidditativen (= Wesens-) Natur" (407).

Der Mitherausgeber GEORGE AUGUSTIN handelt über die Lehre von der Teilhabe am Leben Gottes.







Herbert Frohnhofen, 11. November 2009