Thomas Ruster, Von Menschen, Mächten und Gewalten. Eine Himmelslehre, Ostfildern 2. Aufl. 2007;
"Einen ambitionierten Versuch, das Verhältnis Gottes zu den Mächten dieser Welt zu klären, hat kürzlich Th. Ruster vorgelegt:
Von Menschen, Mächten und Gewalten. Eine Himmelslehre, Mainz 2005. Mit Hilfe der Systemtheorie will er nicht nur die heu-
tigen Komplexitäts- und Ohnmachtserfahrungen deuten (62-116), sondern auch die klassische Lehre von den Engeln rekonstru-
ieren (117-158). Sein Grundgedanke: Es gilt, die biblische Unterscheidung zwischen Erde und Himmel, aber auch zwischen dem
Himmel und Gott neu bewusst zu machen (58-61). Der Himmel. so Ruster, ist die Sphäre jener Mächte, die das menschliche Le-
ben positiv wie negativ bestimmen. Ihre Macht erhalten sie durch Menschen, die ihr Leben an den Maßstäben der jeweiligen Mäch-
te orientieren. Durch die Unterscheidung der Mächte von Gott kann Gott weiterhin als der geglaubt werden, der diesen Mächten
entgegen
tritt, der sie sogar nach Aussage des Neuen Testaments 'im Himmel' bereits besiegt hat (326-329). Gleichwohl treiben sie
auf der
Erde noch ihr Unwesen. Aufgabe der Glaubenden ist es, in Treue zur Tora ein System zu etablieren, das durch die 'seligen
En
gel' ermöglicht wird, diesen aber zugleich Kraft gibt (235-266).

Der von Ruster streng durchgehaltenen Differenzierung zwischen Gott und 'den Mächten' ist nachdrücklich zuzustimmen. Doch
seine apodiktische Verurteilung jeder Rede von menschlicher Freiheit, Verantwortung und Vernunft, die er allesamt der gewaltsa-
men Selbsterhaltung verfallen sieht (43.287-304), hat weit reichende Probleme zur Folge: Sie führt schon in Aporien, wenn er
gleichzeitig die Menschen in die Verantwortung ruft, der Tora zu folgen. Erst recht gelingt ihm eine überzeugende Verhältnisbe-
stimmung menschlichen und göttlichen Handelns nicht. Dies wird nicht zuletzt darin deutlich, dass seine systemtheoretische Re-
formulierung der Engellehre nur noch schwer erklären kann, inwiefern die Mächte, die ihre Macht von den Menschen empfan-
gen, als von Gott geschaffen gelten können - was von den Engeln ja vorausgesetzt werden muss."

(M. BONGARDT, Verlorene Freiheit? Von Gottes und der Menschen Handeln in einer unüberschaubaren Welt, in: M. BÖHN-
KE u.a. (Hgg.), Freiheit Gottes und der Menschen. Festschrift für Thomas Pröpper, Regensburg 2006, 335-357, 356 Anm. 58);