H. KÜNG, Ewiges Leben? München 8. Aufl. 2002 (zuerst 1984);


Auch fast fünfundzwanzig Jahre nach der Erstveröffentlichung lohnt sich die Lektüre dieses Buches. Es enthält die
Niederschriften von neun doppelstündigen Vorlesungen, die der Autor im Rahmen des Studium Generale im Som-
mersemester 1981 an der Universität Tübingen für Hörer aller Fakultäten gehalten hat. Sie seien für den Druck
gründlich überarbeitet und ergänzt worden, heißt es im Vorwort; der Charakter der Vorlesungen sei aber erhalten
geblieben. "Nicht... einen langatmigen theologischen Traktat zur Eschatologie", so der Autor, "wollte ich verfas-
sen, sondern wie in den Büchern 'Christ sein' und 'Existiert Gott?' auf die drängenden Fragen der Zeigenossen ant-
worten, präzise auf dem Stand gegenwärtiger theologischer Forschung, und mich doch nicht an sie verlierend"
(11).
Aufgeteilt wird das Buch in jeweils drei Vorlesungen zu den Stichworten "Der Horizont", "Die Hoffnung" und
"Die Konsequenzen". Zum Abschluss ein Epilog, Literaturverzeichnis, Anmerkungen und Register.

Der ERSTE TEIL enthält unter der Überschrift "Der Horizont" drei Vorlesungen, die sich mit Erfahrungen im
Umfeld des Sterbens, dem verbreiteten Wunsch nach einem jenseitigen Leben und "Modellen des Ewigkeitsglau-
bens in den Religionen"
beschäftigen. Hier kommen die Nahtod-Forschungen von Moody und anderen ebenso zur
Sprache wie die Diskussion um Jenseits-Vorstellungen als Wunschprojektionen seit Feuerbach und Deutungen des
Todes von Heidegger über Sartre bis zu Jaspers. Schließlich werden die Deutungen des Todes aus der Sicht der
großen Religionen in den Blick genommen, wobei das Modell der Reinkarnation ebenso einen Platz bekommt
die Vorstellung einer ewigen Wiederkehr des Gleichen bei Friedrich Nietzsche.

Unter dem Stichwort "Die Hoffnung" versammelt der ZWEITE TEIL drei Vorlesungen, die sich mit den jüdisch-
christlich gewachsenen Vollendungshoffnungen beschäftigen. Hier wird zunächst die Auferweckungsidee selbst
in den Blick genommen und sowohl in ihrem kulturell-historischen Entstehungskontext, der Apokalyptik, als auch
in ihrer spirituellen Tiefendimension in den Blick genommen. Danach steht das biblische Zeugnis der Auferstehung
Jesu Christi im Mittelpunkt der Darlegung; mit der fünften Vorlesung buchstäblich auch in der Mitte der Vorlesun-
gen und des Buches selbst. Die exegetischen Grundlagen der ältesten Osterbotschaft werden hier ebenso diskutiert
wie die Bedeutung des Wortes "Auferweckung". Überraschend blaß, knapp und lediglich negativ abgrenzend blei-
ben hingegen die systematischen Äußerungen zum "ewigen Leben", immerhin dem Schlüsselbegriff des gesam-
ten Buches. Die dritte und letzte Vorlesung in diesem Abschnitt nimmt Himmel und Hölle, vorrangig aus bibli-
scher Sicht, in den Blick.

Im DRITTEN TEIL sucht der Autor unter dem Stichwort "Konsequenzen" auf die gegenwärtige Situation und
die Lebensperspektiven der Menschen einzugehen. Hier spielt zunächst die aktuelle Frage nach dem menschen-
würdigen Sterben eine Rolle, nach der Sterbehilfe und auch dem "christenwürdigen Sterben". Der Autor betont
hier, dass das Sterben wieder als ein ganzheitlich zu begleitender Prozess betrachtet und behandelt werden soll-
te, wie menschenunwürdig die oft allein priorisierte medizinische Behandlung geworden ist. Fragen der Sinn-
orientierung des menschlichen Lebens werden danach diskutiert und - in Verbindung damit - die Hoffnung auf
eine Vollendung der Welt. Im Epilog beendet der Autor das Buch mit einem emphatisch vorgetragenen "Ja zum
ewigen Leben", ohne auch hier genügend darauf einzugehen, was darunter genau zu verstehen sei.

Herbert Frohnhofen, 24. April 2006