In einer ersten Abteilung ("Streifzug durch die Religionsgeschichte")
bespricht HANS-PETER HASENFRATZ den
Tod sowie Jenseits- und ggf. Auferstehungsvorstellungen im Kontext
verschiedener Religionen. Im wesentlichen
allein aufzählend benennt der Autor Deutungen der Ursache der Sterblichkeit
des Menschen, Deutungen des Todes
selbst, die Unterscheidung zwischen >seligen< und >unseligen<
Toten, den sozialen Tod, Vorstellungen des Jenseits
und der Reise dorthin sowie schließlich das Aufkommen der Vorstellung
einer Auferstehung der Toten, die dieser
Autor "bald nach Zarathustra" (30) festmacht.
Der zweite Teil ist umfangreicher und enthält vier Beiträge
zur Entstehung und Geschichte des jüdisch-christlichen
Auferstehungsglaubens. Zunächst erläutert HANS STRAUSS
Tod und Auferstehung im Alten Testament. Der Tod des
Menschen ist hier etwas Normales, der als Abschluss des Lebens einfach
dazugehört; allein zwei recht späte und "nicht
sicher überlieferte kleine Textstellen... bezeugen visionär,
was Gott für die Toten aller Menschen... wird tun können. Ob
und wie er (d.i. Gott) 'auferweckt', ist uneingeschränkt seinem
neuen und endgültigen Handeln vorbehalten". Und in Dan
12,2 heißt es, dass es "zu einer begrenzten Teilauferstehung
mit doppeltem Ausgang kommen" werde. Schon diese weni-
gen Stellen sind jedoch nur unter "griechischen und wahrscheinlich
auch iranischen" Fremdeinflüssen zustande gekom-
men (46). Die Zeugnisse des Neuen Testamentes und seines historisch-kulturellen
Umfeldes zur Auferstehung geht
GOTTFRIED SCHIMANOWSKI detailliert durch, kommt aber zu dem nicht wirklich
weiterführenden Ergebnis, dass
das Bekenntnis zum Glauben an die Auferstehung der Toten "immer wieder
neu durchzubuchstabieren und gegen ande-
re Anschauungen und Überzeugungen persönlich neu anzueignen"
sei (62).
Instruktiver ist der Beitrag von HEINO SONNEMANS, der unter der Ausgangsfragestellung
nach der >Hellenisierung
des Christentums< die Entwicklung des frühchristlichen Auferstehungsglaubens
vor dem Hintergrund der platonischen
Seelenlehre beschreibt und hierbei zum Ergebnis kommt, dass in der frühchristlichen
Theologie ein Seelenbegriff ent-
faltet wurde, "der primär nicht platonisch-dualistisch geprägt
ist, sondern in deutlicher Abgrenzung gegen eher gnosti-
sche Auffassungen die kreatürliche Endlichkeit der Seele und die
gnadenhafte Vollendung des Menschen durch Gott
herausstellt" (88f). Theologisch nicht zu vertreten sei die Differenz
von Auferstehung und ewigem Leben: "Vielmehr
ist Auferstehung die Form, in welcher der einzelne Mensch und die ganze
menschliche Heilsgeschichte mit der gan-
zen Schöpfung, durch das Pneuma verwandelt, teilhaben soll am
Leben Gottes" (90). WOLFGANG BEINERT erläu-
tert die klassische platonische Vorstellung der Unsterblichkeit der menschlichen
Seele und das Andocken der christli-
chen Theologie hieran, das sich bis etwa in den >Katechismus der Katholischen
Kirche< (1993) durchhält. Auf theo-
logischer Ebene freilich wird dieses Dogma der platonischen Philosophie
heute überkonfessionell weitgehend verwor-
fen und es gilt stattdessen: "Eine tiefere Einsicht in die Struktur
der biblischen Eschatologie und nicht zuletzt auch
die Konsonanz mit bestimmten Erkenntnissen der neurobiologischen Forschung
veranlasst heute die Mehrzahl der
christlichen Theologen unbeschadet ihrer konfessionellen Bindung, die
These von der Auferstehung der Toten im
Tod selbst zu vertreten. Evidentermaßen bereitet diese These
der Phantasie nicht weniger Probleme als die traditi-
onelle Auffassung - doch steht sie den glaubensverbindlichen Daten
näher" (107).
Der dritte Teil enthält vier Beiträge unter der Überschrift
>Anthropologische Perspektiven<. BERNARD N.
SCHUMACHER weist zunächst darauf hin, dass die zeitgenössische
Philosophie spätestens seit Heidegger die
Frage nach einer persönlichen Unsterblichkeit des Menschen als im
negativen Sinne weitgehend entschieden an-
sieht und sich vielfach mit solch >Metaphysischem< nicht mehr beschäftigt.
Allerdings gibt es einige Autoren,
die aufgrund einer "Ontologie der Interpersonalität und eine(r)
Phänomenologie der Liebe" (129) die Annahme
einer persönlichen Unsterblichkeit des Menschen durchaus als begründet
ansähen. Überdies - so der Autor - müs-
se ein persönlich unsterbliches Leben keineswegs notwendigerweise
als langweiliges angenommen werden. Denn
mit der Kontemplation und der Liebe gebe es "menschliche Tätigkeiten,
die nie zu einem unüberbietbaren Höhe-
punkt oder einem Status der Vollkommenheit gelangen" (129) könnten.
GÜNTER EWALD gibt einen Überblick
zu aktuellen Diskussionen in der Kosmologie und Neurobiologie und kommt
zu dem Ergebnis, dass "der Gedan-
ke eines Fortlebens nach dem Tod dem banalen materialistischen Illusionsvorwurf
entzogen werden kann... Die
Kosmosvorstellungen der modernen Physik lassen eine Offenheit zum Jenseits
hin zu" (162), was immer damit
im Konkreten dann gemeint sein mag. JEAN-PIERRE WILS diskutiert eingehend
die Frage nach Definition
und Kriterium des menschlichen Todes; mit keinem Wort wird allerdings
der Bezug hergestellt zur Leitfrage
nach der Auferstehung vom Tod. In ähnlicher Weise sind auch die von
MICHAEL SCHRÖTER-KUNHARDT
dargestellten neuen Forschungsergebnisse zu Nahtodeserfahrungen als solche
zwar höchst interessant; ihr Bezug
zur Frage nach der Auferstehung der Toten bleibt aber unangesprochen und
ungeklärt.
Der vierte Teil des Buches enthält nun endlich fünf Beiträge,
für die das Thema des Buches tatsächlich im Zen-
trum steht: der christliche Auferstehungsglaube: heute theologisch
verantwortet. JÜRGEN WERBICK er-
öffnet diese Sequenz mit einem Beitrag, der die christliche Hoffnung
auf Auferstehung als Antwort auf jenes
im Leben uneinlösbare Versprechen profiliert, welches jedes Leben
von Beginn an selbst ist. Die Logik des
Lebens nämlich "ist die Logik der Liebe, die jede Berührung
durch den Geliebten als beseligende Heraus-For-
derung zu neuer und tieferer Begegnung erfahren lässt: als Versprechen,
über das Gefundene hinaus entdecken
zu dürfen, wie der Geliebte - wie Gott - sich immer wieder neu
und noch tiefer finden lässt. Christlicher Aufer-
stehungsglaube hält sich an diese Logik" (230f). ULRICH LÜKE
geht sodann Begriff und Vorstellung von
Auferstehung frontal an. Die in Geschichte und Gegenwart der Theologie
entwickelten Deutungsmodelle
(Trennung von Seele und Körper im Tod und Wiedervereinigung am Jüngsten
Tag, Ganztod des Menschen
und Neuschöpfung durch Gott sowie Auferstehung im Tod, die den Körper
zurücklässt) sieht er alle mit Ma-
keln behaftet und sucht selbst danach, ein neues Modell zu entwickeln,
das den Anforderungen sowohl der
christlichen Hoffnung als auch unseres naturwissenschaftlichen Denkens
und Wissens entspricht. Hierzu
schlägt er zunächst vor, die zeitverhaftete Hinterbliebenenperspektive
zu unterscheiden von der Zeitlosig-
keit/Ewigkeit, die den gestorbenen Menschen umfasst. Während nun
die Seele als die Trägerin der zu Leb-
zeiten auch leibhaft geprägten Ich-Identität im Tod ihre Auferstehung
und ihr ewiges Leben bei Gott findet,
unterliegt der Leichnam des Gestorbenen noch weiterhin einem katabolischen
Stoffwechsel, der ihn im üb-
rigen aber auch zu Lebzeiten des Menschen bereits geprägt und permanent
verwandelt hat. Dieser materielle
Stoffwechsel vollzieht sich bis ans Ende der materiellen Welt; doch bedeutet
dies nur aus Hinterbliebenenper-
spektive eine weitere Zeitverhaftetheit des materiellen Stoffes. Der Ewigkeit
Gottes gegenüber, die ja auch
die zu ihr aufgehobene Seele des Gestorbenen umfängt, ist jeder Zeitpunkt
der sich weiterentwickelnden ma-
teriellen Welt auf gleiche Weise gegenwärtig, so dass durchaus von
einer Gottesnähe auch der sich katabo-
lisch weiter umformenden Materialität des (ehemaligen) menschlichen
Körpers gesprochen werden kann.
KLAUS P. FISCHER diskutiert in seinem Beitrag über die Vollendung
der Welt inwieweit die Hoffnung
auf die Vollendung des Menschen auch eine kosmologische Perspektive hat,
also auch die Vollendung der
Welt betrifft, und kommt zu dem Ergebnis, dass trotz einer spärlichen
biblischen Offenbarung hierzu bei-
des im Kern nicht zu trennen ist. Für Getaufte seien nicht nur der
neue Mensch, sondern auch der neue
Himmel und die neue Erde jetzt bereits gegeben, "mögen sie auch...
noch verhüllt, verborgen sein" (272).
Denn sowohl das Ich als auch die Welt sei ebenso "Verheißung
wie Aufgabe, Horizont und Ziel gläubiger
Daseinsgestaltung" (272). Der darauf folgende Beitrag von FRANZ-JOSEF
NOCKE behandelt demge-
genüber wieder einen für das Thema des Buches höchst bedeutsamen
Gegenstand, nämlich das Verhält-
nis der Reinkarnationsvorstellung zum Auferstehungsglauben. Der Autor
geht hierbei geradezu vorbild-
lich vor. Er klärt zunächst die verwendete Begrifflichkeit,
gliedert die gegenwärtige Diskussion zur The-
matik in die "verneinende", "öffnende" und "bejahende Position",
stellt die wichtigsten Argumente vor
und geht dann zu einer differenzierten systematischen Reflexion über,
die sowohl Gemeinsamkeiten als
auch Spezifika des Auferstehungsglaubens benennt.
Schließlich ergreift der Herausgeber HANS KESSLER in diesem Abschnitt
selbst das Wort und sucht
den Inhalt des Glaubensartikels über die Auferstehung selbst zu erläutern.
Der in besonderer Weise zu
dieser Thematik bereits ausgewiesene Autor geht von Grunderfahrungen (Liebe,
Schuld) aus, die den
Menschen ewige Dauer des Geliebten bzw. einen Ausgleich für erlittenes
Unrecht über den Tod hinaus
ersehnen lassen, und wendet sich dann dem biblischen Zeugnis über
die Auferstehung Jesu zu: Hierbei
geht es "nicht um Wiederbelebung der Leiche, nicht um Rückkehr
ins erneut sterbliche Leben, sondern
um den Übergang und Eintritt in eine ganz neue Dimension, in ein
radikal andersartiges (unzerstörba-
res) Leben in/aus Gott, das die weltlichen Möglichkeiten übersteigt"
(302). Bezogen auf Jesus handelt
es sich nach Kessler also bei der Auferstehung um ein bereits eingetretenes
reales Geschehen, das sich
aber "der raum-zeitlich sinnlichen Erfahrung und der empirischen Feststellbarkeit
entzieht" (302). Des-
halb gilt: "eine im Grab aufgestellte Video-Kamera hätte nichts
aufgenommen" (302) und: "Das leere
Grab ist kein notwendiger Bestandteil des christlichen Auferstehungsglaubens.
Es gehört auf die Ebe-
ne der Erzähllogik und Metaphorik" (309). Auch für uns
- so Kessler - ist wie für Christus eine Auf-
erstehung im Tod anzunehmen, d.h. der Mensch "wird im Moment seines
Todes... von Gott mit ei-
nem andersartigen, unzerstörbaren Leben beschenkt" (315).
Der fünfte und letzte Abschnitt des Buches enthält
zwei Beiträge, die sich von der Praxis der Ster-
begleitung und der Liturgie her dem Phänomen des Sterbens
und Übergehens in ein jenseitiges Le-
ben nähern. ELFTRAUD VON KALKREUTH führt zunächst aus,
dass das Thema >Auferstehung
der Toten< explizit in der Sterbegleitung nur sehr selten vorkommt.
Demgegenüber gibt es jedoch
eine Vielzahl von Bildern und Erfahrungsweisen, mit denen Sterbende ihr
Übergehen in eine andere
Wirklichkeit gestalten und bei denen die Begleitenden viele Hilfen der
Imagination, der Tröstung
und der Verstärkung geben können. JÜRGEN BÄRSCH schließlich
macht aufmerksam auf den stän-
digen Wandel im liturgischen Totengedenken und auf Möglichkeiten,
die sich auch in der Gegenwart
neu ergeben.
Im Ganzen ist dem Herausgeber dafür sehr zu danken, dass er mit der
vorliegenden Sammlung sehr
unterschiedlicher Beiträge aus verschiedensten Perspektiven eine
wichtige Annäherung an das schwie-
rige Thema der Auferstehung versucht. Diese wäre freilich noch überzeugender
gelungen, wenn er
sich auf jene Beiträge konzentriert hätte, die tatsächlich
dieses Thema in den Mittelpunkt stellen und
darüberhinaus eine - wie auch immer geartete - Vermittlung zwischen
diesen noch gesucht worden
wäre.