Theologie-Systematisch
Theologische
Erkenntnislehre
§
8. Die Wahrheit des Glaubens
Texte-Christentum
"Aber auch die Fähigkeit,
das Leid um des Guten, um der Wahrheit
und der Ge-
rechtigkeit willen anzunehmen, ist konstitutiv für das Maß der Humanität,
denn
wenn letztlich mein Wohlbefinden, mein Unverletztbleiben wichtiger ist als die
Wahrheit und als die Gerechtigkeit, dann gilt die Herrschaft des Stärkeren; dann
dominiert die Gewalt und die Lüge.
Die Wahrheit, die Gerechtigkeit
muß über mei-
ner Bequemlichkeit und meiner physischen Unversehrtheit stehen, sonst wird mein
Leben selber zur Lüge."
"Die wahre Religion
besteht also darin, in Einklang zu kommen mit diesem Her-
zen (d.i. des liebenden Gottes), das 'reich an Barmherzigkeit'
ist und uns bittet,
alle zu lieben, auch
die Fernstehenden und die Feinde, und so den himmlischen
Vater nachzuahmen, der
die Freiheit eines jeden respektiert und alle mit der un-
besiegbaren Kraft seiner Treue
an sich zieht"
(P. Benedikt XVI., Ansprache beim
Angelusgebet am
16. September 2007, L'Osservatore Romano 38/07, 1)
"In der Tat setzt sich unser Glaube entschieden
der Resignation entgegen, die den Mensch als der
Wahr heit unfähig ansieht
- sie sei zu groß für ihn. Diese Resignation der Wahrheit gegenüber
ist
meiner Über zeugung nach
der Kern der Krise des Westens, Europas. Wenn es Wahrheit für den
Menschen nicht gibt, dann kann
er auch nicht letztlich Gut und Böse unterscheiden. Und dann
werden die großen und großartigen Erkenntnisse der Wissenschaft zweischneidig: Sie können be-
deutende Möglichkeiten zum Guten, zum Heil des Menschen sein, aber
auch - und wir sehen es -
zu furchtbaren Bedrohungen, zur Zerstörung des Menschen und der Welt werden. Wir brauchen
Wahrheit. Aber freilich, aufgrund unserer Geschichte haben wir Angst davor, daß der Glaube an
die Wahrheit Intoleranz mit sich bringe. Wenn uns diese Furcht überfällt, die ihre guten geschicht-
lichen Gründe hat, dann wird es Zeit, auf Jesus hinzuschauen, wir ihn
hier im Heiligtum zu Mari-
azell sehen. Wir sehen ihn da in zwei Bildern: als Kind auf dem Arm der Mutter und über dem Hoch-
altar der Basilika als Gekreuzigten. Diese beiden Bilder der Basilika sagen
uns: Wahrheit setzt sich
nicht mit äußerer Macht durch, sondern sie ist demütig und
gibt sich dem Menschen allein
durch
die innere Macht des Wahrseins. Wahrheit weist sich aus in der Liebe. Sie
ist nie unser Eigentum,
nie unser Produkt, sowie man auch die Liebe nicht machen, sondern nur empfangen
und weiter-
schenken kann. Diese innere Macht der Wahrheit brauchen wir. Dieser Macht
der Wahrheit trau-
en wir als Christen. Für
sie sind wir Zeugen. Sie müssen wir weiterschenken in der Weise, wie
wir
sie empfangen haben, wie sie sich
geschenkt hat."
(P. Benedikt XVI., Ansprache in
Mariazell am 8. September 2007, L'Osservatore Romano 37/07, 10)
"Der Weg, um dieses
Ziel (das Reich Gottes) zu erreichen, ist lang und erlaubt
keine Abkürzungen, denn
jeder Mensch muß die Wahrheit der Liebe Gottes aus
freiem Willen annehmen. Er ist
Liebe und Wahrheit, und weder die Liebe noch
die Wahrheit
drängen sich je auf: Sie klopfen an die Tür des Herzens und des
Verstandes, und
dort, wo sie eintreten dürfen, bringen sie Frieden und Freude.
Das ist Gottes Art zu
herrschen; das ist sein Heilsplan, ein 'Geheimnis' im bib-
lischen Sinne des Wortes,
das heißt ein Plan, der sich nach und nach in der Ge-
schichte offenbart."
(P. Benedikt XVI,
Ansprache vor dem Angelus am 26.11.06, L'Osserv. Rom. 48 (2006) 1)
"Die den Glauben ermöglichende Gewißheit
wird dort geschaffen, wo die
durch das äußere Wort
kommunizierte Christusbotschaft Menschen als
Wahrheit einleuchtet, die sie selbst einschließt,
weil sie die Dunkelheit des
menschlichen Herzens durch den Schein der göttlichen
Herrlichkeit er-
leuchtet. Die Konstitution der Wahrheitsgewißheit des Glaubens ist
ein
souveräner Schöpfungsakt Gottes, der die Botschaft der Verkündigung,
die im Zeugnis der
Schrift begründet ist, für
den Glaubenden bewahrheitet."
(Chr. SCHWÖBEL, Christlicher Glaube im Pluralismus.
Studien zu
einer Theologie der Kultur, Tübingen 2003, 231)