Gregor Maria Hoff, Offenbarungen Gottes? Eine theologische Problemgeschichte, Regensburg 2007;

Wie der Untertitel bereits informiert versteht der Autor, Professor für Fundamentaltheologie und Ökumenik an der Universität Salzburg, dieses Buch als eine Problemgeschichte, "die zugleich in grundlegende Topoi der christlichen Offenbarungstheologie einführen soll". Sie orientiere sich an Problemen, "die eine eigene Ge- schichte des Offenbarungsglaubens erzählen", und es seien Probleme, "die in hohem Maße die theologische Auseinandersetzung in der gegenwärtigen Studierendengeneration bestimmen". Mit Recht wird Offenbarung (christlich) "als Selbstmitteilung Gottes" bestimmt, allerdings - thematisch eher verkürzend - auch "als Be- gegnung mit Jesus von Nazaret" definiert (11). In zwölf Kapiteln werden sodann unterschiedliche Zugänge zur Offenbarungsthematik beschrieben, wobei tatsächlich eine systematische Offenbarungslehre nicht entwor- fen, sondern interessante Schlaglichter auf einzelne Aspekte geworfen werden. Leitmotiv ist dabei die Tatsa- che, dass die Offenbarung immer im Modus des zugleich Verborgenen geschieht, Offenbarungstheologie da- mit also durchaus auch im Sinne einer "negativen Theologie" entwickelt und durchgeführt werden muss.

Ein erstes Schlaglicht wirft der Autor darauf, dass sich christliches Offenbarungsgeschehen in der heutigen Gesellschaft viel weniger selbstverständlich vermittelt als noch vor wenigen Jahrzehnten; gleichwohl - bis hinein in die Werbung - finden sich zahlreiche Zitate des Christlich-Kirchlichen. Hierdurch bleibt seine Heilsverheißung - mindestens auf indirekte und maskierte Weise - gesellschaftlich aktuell. Ein zweites Schlaglicht verdeutlicht, dass Offenbarung oft etwas Singuläres, das Übliche Durchbrechendes meint. Die paulinische Rede von der "Torheit Gottes" und vom "Wahnsinn" als der gegebenen Form seiner Weisheit (1 Kor 1,18-31) sei in diesem Sinne zu verstehen. Ein drittes Schlaglicht macht klar, dass die Rede von Offen- barungen auch mißbraucht werden und im Dienst von Ideologien stehen kann; was als als Offenbarung des einen und wahren Gottes Jesu Christi gelten kann, ist mithin immer der Auslegung und der Unterscheidung der Geister unterworfen. Einen vierten Aspekt bildet die - vor allem - neuzeitliche Offenbarungskritik von Gottlieb Fichte bis Slavoy Zizek. Hierbei steht die These im Mittelpunkt und hat viele Anhänger bis heute, dass die christliche Offenbarung dem Menschen nichts zu geben habe, was er mit seinen eigenen Rationalisie- rungen nicht auch zustande bzw. in Erfahrung bringen könne. In einer fünften Perspektive kommen funda- mentalistische Positionen in den Blick; diesen wird der für historische Kritik nicht nur offene, sondern die- se sogar herausforderne Position des II. Vatikanums (Dei Verbum) pointiert gegenüber gestellt. An sechster Stelle verweist der Autor auf das Phänomen der Gewalt. Diese zum Überleben des Menschen durchaus not- wendige, anthropologische Konstante erscheint als solche auch in der Bibel, andererseits ist die Kritik an menschlich initierter Gewalt ebenfalls ein zentrales biblisches Motiv. Beides verlangt nach intensiver theolo-
gischer Vermittlung.

Ein siebtes Schlaglicht wirft H. auf die bereits biblische Rede vom offenbar-verborgenen Gott. Dieses wird unter anderem erschlossen in der Person Jesu Christi, in welcher "Gott selbst unsere Wirklichkeitsverhältnisse umstellt und im Geist jeden Augenblick zur Herausforderung macht, Gott zu finden in allen Dingen" (139). Einen zu Recht vergleichsweise sehr ausführlich dargestellten achten Aspekt bilden sodann  theologiege- schichtliche Perspektiven zur Offenbarungslehre, die unter das Diktum "Arbeit am Unsagbaren" gestellt werden. Deutlich wird hier, wie sehr altkirchliche Theologen den christlichen Glauben mit den Mitteln anti- ker Rationalität interpretieren und ihm damit sowohl die Chance auf überkulturelle Universalität als auch auf Vermittlung mit der Rationalität überhaupt eröffnen. Christlicher Glaube und menschliche Vernunft sind seitdem unzertrennliche Schwestern und verstehen sich; nur die weniger Einsichtigen konstruieren einen Ge- gensatz zwischen beidem. Auch die mittelalterliche Theologie bewahrt diesen Zusammenhang und formuliert ihn mit Anselm als "credo ut intelligam" (158). Vor allem Bonaventura betont weiterhin den Offenbarungs- charakter der Schöpfung selbst, versteht sie als "Buch der Welt" gegenüber dem "Buch der Schrift" (165). Diese höchst sinnvolle Konzeption geht in der Neuzeit weitgehend durch eine oft recht schroffe Überbeto- nung der Schrift als des alleinigen Offenbarungsbuches verloren, welches natürlich den (mitunter auch inner- kirchlichen) Fundamentalismen aller Art bis heute Tür und Tor öffnet.

Das neunte Schlaglicht beleuchtet die religiöse Pluralität und deren Bedeutung für die Offenbarungsthe- ologie. Die Relevanz der herausgearbeiteten inklusivistischen Position des Zweiten Vatikanums wird gewür-
digt und auf die Problematik der Pluralistischen Religionstheologien anfanghaft aufmerksam gemacht. Ein zehnter Aspekt diskutiert die offenbarungstheologische Bedeutung der Menschwerdung Gottes in Jesus Christus und erläutert diese als dessen Selbstoffenbarung, in der er nichts mehr von sich selbst verbirgt "auch wenn er menschlich in seiner Offenbarung zugleich für uns der Verborgene bleibt" (230). Im elften Abschnitt bespricht H. das Problem der Kriteriologie im Zusammenhang der Beurteilung von Ereignissen als offenbarenden. Verschiedene Konzepte einer solchen Kriteriologie (Verweyen, Pannenberg, Schille-
beeckx, Chenu) werden vorgestellt, ohne dass durch H. selbst eine Priorisierung vorgenommen wird. In einer Schlussreflexion verdeutlicht der Autor, dass göttliche Offenbarung nach christlichem Verständnis oftmals gerade an den entlegenen Orten geschieht und dazu eine eigene Sprache entwickelt.

Im Ganzen bietet das Buch einen reichen Fundus an aktuellen und historischen Aspekten zur christlichen Of- fenbarungstheologie, ohne diese systematisieren und in ein eigenes Konzept gießen zu wollen. Gleichwohl er- öffnet es vielfältige Perspektiven für Studium und Wissenschaft, die im Einzelnen freilich noch sehr viel ge- nauer betrachtet werden könnten.

Herbert Frohnhofen, 1. November 2008