Gerade in den aufgewühlten Zeiten eines Papstwechsels,
wie den derzeitigen, ist es spannend nachzulesen,
wie Papst Johannes XXIII. unmittelbar nach seinem Amtsantritt im Jahr 1959 auf das
Zweite Vatikanische
Konzil zusteuerte und wie reserviert die Reaktionen an vielen Stellen zunächst waren.
Selbst "zwei Monate
nach der Ankündigung", so heißt es, "kam die Debatte über das zukünftige
Konzil nur mühsam in Gang"
(38). Dabei wollte der Papst "ein
Konzil des historischen Übergangs, folglich ein Konzil, das der Kirche
den Weg weist aus der nachtridentinischen Epoche und in gewissem Maße aus der jahrhundertelangen
konstantinischen
Zeit in eine neue Phase des Zeugnisses und der Verkündigung" (46). "Mit der Bezeich-
nung des zukünftigen
Konzils als 'Zweites Vatikanisches' bekräftigte (der Papst)... unmißverständlich, daß
dies ein 'neuartiges'
Konzil werden sollte, sogar ein 'neues Pfingsten' - auch wenn man nicht völlig die Kon-
tinuität zum Konzil Pius' IX. ablehnte"
(55). Etienne FOUILLOUX macht in ihrem Beitrag darauf aufmerk-
sam, in welch explosive weltpolitische Zeit (Kuba-Krise)
die vor-vorbereitende Phase des Konzils fällt (62f).
Im übrigen war unklar, ob nach der Definition
der päpstlichen Unfehlbarkeit 1870 die Zeit der Konzilien in
der Kirche nicht überhaupt vorbei gewesen sei (74) und
mit welcher Motivation ein neues Konzil überhaupt
veranstaltet werden solle.
Joseph A. KOMONCHAK stellt in seinem Beitrag dar, wie sehr Papst Johannes
XXIII. einerseits die eige-
ne Zeit aufgrund der zahlreichen Umbrüche als den Beginn einer neuen Ära
deutete, wie sehr er sich ande-
rerseits kritisch mit der verbreiteten apokalyptischen Katastrophenstimmung aauseinandersetzte
und selbst
mit Vertrauen in die Zukunft blickte: "Wiederholt warnt er vor einer Überbewertung des
Bösen, so als ob Christus und sein Geist die Welt verlassen hätten" (190). Das Konzil sollte in dieser Situation
eine neue Ära
in der Kirche einläuten; die erneuerte Kirche aber der "Aufgabe dienen, erlösende Bedeutung in der
moder-
nen Welt zu haben" (193). Vor diesem Hintergrund sollte das Konzil "hauptsächlich 'pastoraler' Natur
sein"
(202), wobei eine genauere Klärung dieses Begriffs nicht vorgenommen wurde. Gleichwohl sollten auch
Fragen der
systematischen Lehre geklärt werden, Fragen, die insbesondere 1) die Interpretation der Schrift,
2) die
Ekklesiologie, 3) die Mariologie, 4) soziale Fragen sowie 5) eine Reihe von Irrlehren betreffen sollten
(258).
J. Oscar BEOZZO beschreibt in seinem Beitrag das "äußere Klima"
während der Vorbereitungen des Kon-
zils. Gemeint ist hiermit sowohl die allmähliche Entwicklung der Öffentlichkeitsarbeit
wie der theologischen
Diskussionen während des Konzils als auch die Einschätzungen von Muslimen
und Juden zu den Vorberei-
tungen des Konzils. Klaus WITTSTADT schließlich beschreibt den Umgang mit
den ersten Schemata des
Konzils, die Ernennung und Bedeutung der Periti sowie die technischen Vorbereitungen
und die Ankunft
der Konzilsväter in Rom. Im ganzen also eine sehr detaillierte Vorgeschichte des
II. Vatikanischen Konzils.
Herbert Frohnhofen, 11. Juli 2005