Claudio Moreschini/Enrico
Norelli, Handbuch der
antiken christlichen
Literatur, Gütersloh 2007;
Dieses mit über 650 Seiten
recht umfangreiche Handbuch antiker christlicher Literatur - so informiert
die EIN- LEITUNG - ist die Übersetzung eines erstmals im Jahr 1996 in
italienischer Sprache erschienenen Werkes, das seinerseits wiederum die Zusammenfassung
einer noch umfangreicheren Geschichte der antiken christlichen Li- teratur
in zwei Bänden und drei Teilen bildet. Verbunden ist mit ihm der Anspruch,
Dozierenden und Studie- renden, "als gut handhabbares Hilfsmittel für
die Lehre (zu) dienen" (1). Im Mittelpunkt der Darstellung stehen die
jeweiligen Schriften, wobei unvermeidlicherweise auch auf die Geschichte der
Theologie und der kirchli- chen Institutionen Bezug genommen wird. Kriterium
dafür, ob von den Autoren etwas zur antiken christlichen Literatur gerechnet
wird oder nicht, ist der verhandelte Inhalt. Denn Formen und Stil dieser Literatur
unter- scheiden sich nicht von anderer Literatur der Zeit und Kultur. Eingeteilt
ist das Werk in vierzig Abschnitte, in welchen ohne zusätzliche Kategorisierung
jeweils einzelne bedeutende Schriftsteller und deren Werke oder aber Personen
oder Werke behandelt werden, die nach geographischen, funktionalen oder Gattungsaspekten
zusam- mengefasst werden.
Ohne die übliche Rücksicht
auf die KANONISIERUNG einzelner frühchristlicher Schriften und damit
ihrem regelmäßigen Ausschluss aus der Rubrik der frühchristlichen
Schriften und ihrer gesonderten Behandlung in der biblischen Exegese beginnt
das Werk mit den (echten und unechten) paulinischen Briefen, den - nicht nach
der Frage der Kanonisierung unterschiedenen - Evangelien, der Johannesüberlieferung,
den ältesten christlichen Apokalypsen, anderen frühchristlichen
Briefen sowie "Abhandlungen in Briefform". So finden sich in den er-
sten sechs Kapiteln biblische und nichtbiblische Schriften besprochen. Und
für den wenig in der antiken christ- lichen Literatur Bewanderten mag
diese sehr unübliche Verfahrensweise den Vorteil haben, zu sehen, wie
sehr auch die biblisch kanonisierten Schriften sich eingliedern in Form und
Inhalt anderer frühchristlicher Schriften, ja dass es im Einzelfall
gar nicht so leicht sein mag, Gesichtspunkte zu finden, aus denen heraus
eine Entschei- dung über die Kanonisierung möglicherweise getroffen
worden sein mag.
Unter den weiteren Abschnitten
fasst zum Beispiel einer jene Schriften zusammen, die die Auseinandersetzung
mit Gnostikern und Montanisten widerspiegeln, ein weiterer die "griechischen
Aologeten", einer die "älteste Li- teratur über die Märtyrer"
usw. ORIGENES zum Beispiel ist verständlicherweise ein eigener, recht
umfängli- cher Artikel gewidmet. Er beschreibt das Leben des Autors,
seine exegetischen Werke, die sog. Hexapla, das heißt die Synopse des
Alten Testaments, und seine theologischen Traktate, wobei sogar die verlorenen
(Über die Auferstehung, Über die Naturen, Stromateis) eigens Erwähnung
und Erläuterung finden. Zu all diesen Schriften gibt es - so weit möglich
- detaillierte Inhaltsangaben, Kommentare sowie Angaben über aktuelle
Textausgaben.
Sehr ausführlich ist zum
Beispiel auch das 28. Kapitel gestaltet, das sich dem ARIANISCHEN STREIT
wid- met. Hier findet sich zunächst eine Einführung in die Merkmale
der abendländischen christlichen Kultur des 4. und 5. Jahrhunderts,
ein Hinweis auf die Bedeutung Roms und des sich entwickelnden Papsttums der
Zeit sowie zum Donatismus und dann zum arianischen Streit und seinen Protagonisten
auf den verschiedenen Seiten um engeren Sinne.
Im Ganzen liegt mit diesem Werk - auch in der verkürzten
Form dieses Handbuches - eine Geschichte der anti- ken christlichen Literatur
vor, die ihresgleichen nicht hat. Gegenüber den klassischen >Patrologien<
etwa von Altaner und Stuiber ist es weitaus umfänglicher und aussagekräftiger.
Neben einer Übersicht über die wichtig- sten Werke der Zeit und
einer Einführung in deren Inhalt vermittelt das Buch nämlich durchaus
auch einen an- fänglichen Blick in die theologiegeschichtlichen Entwicklungen
der Zeit. Studierenden wie Dozierenden der Theologie kann das Werk überaus
wertvolle Dienste erweisen.
Herbert Frohnhofen, 1. April 2008