Theologie-Systematisch
Ekklesiologie
§ 3. Neutestamentliche Kirchen
Texte-Apostel

"Heute möchte ich darüber reden, was das bedeutet: 'Apostel'.
Paulus
gehörte ja nicht zum Kreis der Zwölf, die die Urzeugen Jesu Christi, seines Lebens, seines
Sterbens und seiner Auferstehung sind. Und dennoch weiß er sich als vollgültiger Apostel, der frei-
lich immer in Gemeinschaft mit den Zwölfen sein muß. Was macht nun das Apostolat aus, so wie
es Paulus definiert hat und wie es auch die anderen Apostel verstanden haben? Es sind drei Ele-
mente, die den Apostel charakterisieren.
Erstens, daß er den Herrn, den Auferstandenen, gesehen hat (vgl. 1 Kor 9,1) und durch ihn zum
Apostel berufen wurde. Man macht sich nicht selbst zum Apostel, der Herr ruft uns und macht ei-
nen dazu.
Zweites Charakteristikum ist, daß der Apostel von Christus berufen ist als Botschafter seiner Person.
Das griechische Wort 'apóstolos' bedeutet Gesandter. Und so ist der Apostel einer, der im Auftrag
Christi gesandt und nun unterwegs ist zu den Menschen, von Christus her.
Daraus folgt das dritte: Der Apostel ist jemand, der nicht von sich selber redet, sondern jemand, der
Christus, sein Evangelium verkündet und dadurch Kirche schafft, Gemeinschaft aus dem Glauben
und Gemeinschaft in Jesus Christus und in seinen Sakramenten.
So sehen wir an Paulus, daß 'Apostel' nicht etwa ein Ehrentitel ist, etwas, was man anstrebt, eine
Karriere, sondern ein Auftrag, der den Menschen ganz in Beschlag nimmt, so daß sein persönliches
Interesse dahinter zurücktreten muß, er auf das Eigene und Gewünschte verzichtet und sich ganz in
den Dienst des Herrn stellt. Aber gerade dadurch, daß er nun nicht für sich arbeitet, für seinen Er-
folg, für die Größe seines Lebens, für den Genuß oder sonst etwas, sondern sich weggibt an Christus,
wird er reich und erfährt die wirklich große Freude, die daraus kommt, sich zu geben, 'Mitarbeiter
Gottes' zu sein und Mitarbeiter daran, daß in der Welt Gottes Licht leuchtet und sie dadurch erneu-
ert wird.
Auch wenn das Apostolat Pauli und der Zwölf unwiederholbar ist: Der innerste Kern des Auftrags
bleibt, daß auch wir als Gläubige, denen der Herr begegnet ist, gerufen sind, Zeugen von ihm zu
sein, nicht zuallererst an uns selbst zu denken, sondern daran, sein Licht, seine Wahrheit, seine Lie-
be zu den Menschen zu bringen. Dann fällt all dieses Große und Schöne auf uns selbst zurück und
gibt uns ein reiches Leben."


(P. Benedikt XVI., Generalaudienz am 10.09.08, in: L'Osservatore Romano 37/2008, 1)