Texte zur Säkularisierung
"Nach dem
Zweiten Weltkrieg erhielt der Begriff der Säkularisierung die Funktion
eines Leit-
begriffs theologischer Gegenwartsdeutung...
Am Ende des 20. Jh. scheint der Begriff des
Pluralismus 'Säkularisierung' als Leitbegriff
theologischer Gegenwartsdeutung abzulösen."
(Chr. SCHWÖBEL, Christlicher Glaube im Pluralismus.
Studien zu einer Theologie der Kultur, Tübingen 2003, 27f)
"Das Konzept der Säkularisierung
ist ein schillerndes Konzept, es kennt unterschiedliche Ausprägun-
gen. In der geläufigsten Version trifft man auf die Diagnose, dass
das Verhältnis von Religion und
Moderne als ein Prozess religiöser Degeneration begriffen werden muss.
Es gilt als erwiesen, dass die
religiöse Substanz bei einzelnen und in der Gesellschaft insgesamt
schwindet, und dass es immer we-
niger gelingen wird, religiöse Traditionsbestände an die nachwachsende
Generation weiterzugeben.
Diese Variante des Säkularisierungskonzepts geht von einem Antagonismus
von Religion und mo-
derner Gesellschaft aus, nach dem mit der Entfaltung der Moderne ein Schwund
der kirchlich-
christlichen Religion (oder sogar der Religion insgesamt) korreliert. Die
Religionspädagogik steht,
wenn sie sich auf dieses Denken bezieht, mit dem Rücken zur Wande.
Sie soll retten, was noch
zu retten ist - angesichts einer im Ganzen bedrohlichen Situation. Jedoch
scheint die
Einsicht zu wachsen, dass mit dem Säkularisierungskonzept nur unzureichend
neue Handlungsmöglichkeiten erschlossen werden."
(H.G.
ZIEBERTZ u.a., Religiöse
Signaturen heute. Ein religionspädagogischer Beitrag
zur empiririschen Jugendforschung (Religionspädagogik in
pluraler Gesellschaft 3)
Gütersloh-Freiburg/Bg. 2003, 29)
"Der Säkularismus
der modernen Industriegesellschaften ist zwar aus der für die christlich
be-
stimmte Kulturentwicklung charaketristischen Unterscheidung zwischen Endgültigem
und Vor-
läufigem, zwischen Kirche und säkularer Kultur hervorgegangen,
beruht aber auf einer radika-
len Transfomation dieser seiner Herkunft. Jene Unterscheidung zwischen Endgültigem
und
Vorläufigem beruhte im ganzen auf dem Wirklichkeitsverständnis
des christlichen Glaubens,
also auch im Hinblick auf die Säkularität staatlicher Ordnung wie
der übrigen Bereiche des
diesseitigen Lebens. Im Vergleich zur Säkularität dieser Lebensbereiche
im traditionellen christ-
lichen Verständnis ist das Gesellschaftsverständnis des modernen
Säkularismus, der sich mehr
oder weniger entschieden von seiner christlichen Herkunft... emanzipiert
hat, durch und durch
idelogisch. Der ideologische Charakter des modernen Säkularismus beruht
auf bestimmten, in-
zwischen weithin als selbstverständlich geltenden Annahmen über
die menschliche Natur, für
die in jedem Falle die religiöse Lebensthematik als sekundär gilt.
Zu diesem ideologisch ge-
prägten Säkularismus muß sich das Christentum in ein neues,
fundamental kritisch geprägtes
Verhältnis setzen"
(W. PANNENBERG,
Systematische Theologie III, Göttingen 1993, 66f)