Theologie-Systematisch
Christologie
§ 3. Entfaltung der Christologie im NT
Texte - Tod

"Paulus begegnet derartigen Vorwürfen (d.i. daß die Kreuzigung eine in der Antke bekannte und für
ihre
Grausamkeit und Schändlichkeit berüchtigte Todesstrafe war) dadurch, daß er die Bewertungs-
maßstäbe für
das Handeln Gottes angesichts des Geschehens von Kreuz und Auferstehung Jesu neu
ordnet. Die gängige
Sicht, der zufolge der Kreuzestod schmachvoll und deshalb mit Gott oder einer
positiv besetzten Kategorie wie
Weisheit nicht zusammenzubringen sei, wird von ihm dahingehend
korrigiert, daß sich Weisheit und Torheit
angesichts der Kreuzigung Jesu in ihr Gegenteil verkehrt
haben: Weisheit der Welt ist Torheit bei Gott und
umgekehrt (1 Kor 1,25.27f). Paulus nimmt also
die Provokation des Kreuzestodes Jesu auf und macht sie zum
Zentrum seiner Sicht auf dasjenige
Geschehen, in dem sich Gott durch Jesus Christus offenbart hat. Wenn
dieses im Gegensatz zur gän-
gigen Bewertung von Weisheit und Torheit steht, der zufolge die Offenbarung
Gottes in einem Ge-
kreuzigten Torheit wäre, Gott aber nicht töricht, sondern weise handelt, dann steht für
Paulus fest,
daß nicht das Handeln Gottes durch Jesus Christus zur Disposition steht, sondern die Kriterien,
mit
denen dieses beurteilt wird, korrigiert werden müssen: Gott hat seine Macht über Leben und Tod
gerade
dadurch gezeigt, daß er den Gekreuzigten auferweckt und damit das nach menschlichen Maß-
stäben Schmach
volle erhöht hat."

(Jens Schröter, Sühne, Stellvertretung und Opfer. Zur Verwendung analytischer Kategorien zur
Deutung des Todes Jesu, in: Jörg Frey/Jens Schröter (Hg.), Deutungen des Todes Jesu im Neuen
Testament (Wissenschaftliche Untersuchungen zum Neuen Testament 181) Tübingen 2005, 51-71, 55)