Theologie-Systematisch
Christologie
§ 2. Leben, Tod und Auferweckung Jesu
Texte-"Abgestiegen zu der Hölle"

"Der Christus selbst, der wahre Gerechte, ist als Gerechter ein Leidender und in den Tod Verstoßener.
Der Gerechte ist in die Scheol, in das unreine Land hinabgestiegen, wo Gott nicht gelobt wird. Mit
diesem Hinabsteigen Jesu steigt Gott selbst in die Scheol: damit aber hört der Tod auf, das gottver-
lassene Land der Finsternis und der Bereich der erbarmungslosen Gottesferne zu sein. In Christus
ist Gott selbst in den Bereich des Todes eingetreten und hat den Raum der Kommunikationslosig-
keit zum Raum seiner Anwesenheit gemacht. Das ist nicht Glorifizierung des Todes; indem Gott
ihn durch Christus heimgesucht hat, hat er ihn als Tod aufgehoben und überwunden."


(J. Ratzinger/Benedikt XVI., Eschatologie. Tod und ewiges Leben, Nachdruck
der 6. Aufl. 1990 (Kleine Katholische Dogmatik IX), Regenburg 2007, 82
)


"Christus ist in die 'Hölle' hinabgestiegen, und so ist er bei dem, der dorthin geworfen wird,
da und
macht ihm die Finsternis zu Licht. Das Leid, die Qualen bleiben furchtbar und nahe-
zu unerträglich. Aber
der Stern der Hoffnung ist aufgegangen – der Anker des Herzens reicht
bis zum Thron Gottes. Nicht das
Böse wird im Menschen entbunden, sondern das Licht siegt:
Leid wird – ohne aufzuhören, Leid zu sein –
dennoch zu Lobgesang."

(P. Benedikt XVI., Enzyklika "Spe salvi" 37
)

"Der Kern der Descensus-Theologie ist die Überzeugung, dass Christus nicht nur unse-
ren Exitus geteilt hat (das sagt das Symbolum ohnedies), sondern eben jene letzte Kom-
munikationslosigkeit, die wir als das eigentliche Böse des Bösen erkannt hatten. Hier
vollendet sich in endgültiger Form die Identifikation Gottes mit dem Bösen - und im
gleichen Moment erfolgt die Peripetie der absoluten Verurteilung dieses Bösen und
seine endgültige (wörtlich: am Ende gültige - also nicht notwendig früher!) Überwin-
dung. Indem der Gottessohn die Kommunikationslosigkeit teilt - ein nicht auszuloten-
des Paradoxon - hört dieses auf zu existieren. Geteilte Kommunikationslosigkeit ist
höchster Kommunikationsvollzug. Damit ist sie nicht mehr Letztes, sondern immer nur
Vorlauf auf Gemeinschaft, auf Liebe. Sichtbar wird dies am Ostermorgen: Die Aufer-
stehung als Todesüberwindung ist sozusagen nur die sinnliche Darstellung des Descen-
sus-Widerfahrnisses, die aber anderes nicht zum Inhalt hat."


(W. Beinert, Schuld im christlichen Verständnis, Erwägungen zu Theodizee und Anthro-
podizee und auch zum Ablass, in:
Chr. Böttigheimer/H. Filser (Hg.), Kircheneinheit und
Weltverantwortung. Festschrift für Peter Neuner, Regensburg 2006, 117-139, 133)