Max Küchler, Jerusalem. Ein Handbuch und Studienreiseführer zur
Heiligen Stadt (Orte und Landschaften der Bibel IV 2) Göttingen 2007;

Diesen umfangreichen Band mit rund 1280 (!) Seiten - so wird bereits im Vorwort deutlich - versteht der
Autor als Huldigung an eine Stadt, die eingangs metaphorisch als "Jungfrau, Dirne und Mutter zugleich"
bezeichnet wird (VII). Jerusalem sei eine Stadt, "mit der niemand zu Rande kommt", von deren "monothe-
istischen Gottheiten (man) geradezu angefallen"
werde - sicherlich eine etwas gewagte Äußerung in Zei-
ten, in denen es zur Mode geworden ist, jeglichem Monotheismus - teilweise auf sehr einfache Weise -
pauschal den Hang zur Gewalttätigkeit zu unterstellen. Jerusalem, so der Autor, gehöre keiner der mono-
theistischen Religionen, gebäre gleichwohl "ununterbrochen jene Kinderscharen, die sich ihr Erbe strei-
tig machen und gerade darin ihre schicksalhafte Verwandtschaft bezeugen"
(VII). Hieraus ergibt sich für
K. "die Überzeugung und der versteckte Imperativ dieses Buches: Erst wenn die Kinder dieser Stadt, die
Juden, die Christen und die Muslims, den Reichtum ihrer Traditionen teilen und sich mit ihrem gemeinsa-
men kanaanäisch-israelitischen Erbe versöhnen, kann Jerusalem eine rege Metropolis, eine 'Mutterstadt'
sein, deren Faszination auch Charme hat, deren Verehrer auch Liebhaber sind und deren Vergangenheit
nicht ohne Zukunft ist"
(VII) - in eine wahrhaft poetischen Sprache wird so grundlegend Wahres und zu-
gleich Eschatologisch-Visionäres gekleidet. Entstanden ist das Buch in 15-jähriger Arbeit, zahlreichen Per-
sonen und Institutionen dankt der Autor für ihr Mitwirken. Eingeteilt ist das Buch in sechzehn Kapitel,
hauptsächlich (1-14) nach geographischen Gesichtspunkten, dazu kommt ein Kapitel über drei große Mu-
seen in Jerusalem sowie eines über die Geschichte der Stadt.

Die vierzehn geographisch orientierten Kapitel nehmen sich - beginnend mit dem besonders geschichts-
trächtigen Südosthügel - jeweils einen Teil der Stadt vor und besprechen ihn - unter der Beifügung zahlrei-
cher Skizzen und Fotographien von Inschriften, historischen Abbildungen und Gebäude- bzw. Straßenan-
lagen in seiner historischen und kulturellen Bedeutung sowie forschungsgeschichtlichen Präsenz. Hierbei
werden auch zahlreiche Hinweise zur Besichtigung eingeflochten. Das fünfzehnte Kapitel über die gro-
ßen Museen Jerusalems beschreibt das 1965 eröffnete "Israel-Museum" ("Israels offizielle Schatzkammer"),
das schwerpunktmäßig an den Funden aus Palästina/Israel interessiert ist, das "Bible Lands Museum",
welches vor allem die biblische Geschichte im Blick hat und seit 1992 besteht, sowie schließlich das 1938
eröffnete "Rockefeller-Museum", das dem Studium und der Ausstellung jener Objekte dient, die für die Er-
forschung der Geschichte Palästinas relevant sind. Das sechzehnte und letzte Kapitel des Buches stellt die
Geschichte Jerusalems zwar ausgesprochen detailliert, jedoch fast ausschließlich tabellarisch und damit an
rein politisch bedeutsamen Ereignissen orientiert dar. Dazu kommen dann zahlreiche Anhänge: Verzeichnis-
se, Lexikon, Register, die im Verbund mit aller Akribie der vorhergehenden Kapitel deutlich machen: Die-
ses Buch über Jerusalem ist wohl einzigartig. Ohne dass es sich erkennbar einmischt in aktuelle, ja zumeist
ausgesprochen kontrovers angelegte Politik, gibt es einen Ein- blick in Kultur und Geschichte einer Stadt,
die wie kaum eine andere beladen ist hiermit. Gut vorstellbar ist für den Leser, dass über 15 Jahre an diesem
beeindruckenden Werk gearbeitet wurde.

Herbert Frohnhofen, 11. November 2007