Theologie-Systematisch
Christologie
§ 13. Heil und Erlösung durch Jesus Christus
Texte
"Nicht die Wissenschaft erlöst den Menschen. Erlöst
wird der Mensch durch die Lie-
be. Das gilt zunächst im rein innerweltlichen
Bereich. Wenn jemand in seinem Leben
die große Liebe erfährt,
ist dies ein Augenblick der 'Erlösung', die seinem Leben ei-
nen neuen
Sinn gibt. Aber er wird bald auch erkennen, daß die ihm geschenkte
Liebe
allein die Frage seines Lebens nicht löst. Sie bleibt angefochten.
Sie kann durch den
Tod zerstört werden. Er braucht die unbedingte Liebe.
Er braucht jene Gewißheit, die
ihn sagen läßt: 'Weder Tod
noch Leben, weder Engel noch Mächte, weder Gegenwär-
tiges noch
Zukünftiges, weder Gewalten der Höhe oder Tiefe noch irgendeine
andere Kreatur können uns scheiden von der Liebe Gottes, die in Christus
Jesus ist, unserem
Herrn' (Röm 8, 38-39). Wenn es diese unbedingte Liebe
gibt mit ihrer unbedingten Ge-
wißheit, dann – erst dann – ist der Mensch
'erlöst', was immer ihm auch im einzelnen
zustoßen mag. Das
ist gemeint, wenn wir sagen: Jesus Christus hat uns 'erlöst'. Durch
ihn sind wir Gottes gewiß geworden – eines Gottes, der nicht eine ferne
'Erstursache'
der Welt darstellt, denn sein eingeborener Sohn ist Mensch
geworden, und von ihm
kann jeder sagen: 'Ich lebe im Glauben an den Sohn
Gottes, der mich geliebt und sich
für mich hingegeben hat' (Gal 2,20)."
(P.
Benedikt XVI., Enzyklika
"Spe salvi" 26)
"Jesus war nicht
Spartakus, er war kein Befreiungskämpfer wie Barabbas oder Bar-
Kochba.
Was Jesus, der selbst am Kreuz gestorben war, gebracht hatte, war etwas ganz
anderes: die Begegnung mit dem Herrn aller Herren, die Begegnung mit dem
lebendi-
gen Gott und so die Begegnung mit einer Hoffnung, die stärker
war als die Leiden der
Sklaverei und daher von innen her das Leben und die
Welt umgestaltete."
"Erlösung im Sinne
des Evangeliums besagt...: Jesus Christus hat die große
dunkle Zone der ganzen Menschheit durchquert und
durchlitten. Er lädt
uns ein, mit ihm zu gehen. Er trägt uns durch
unsere Dunkelheiten"
(F. JALICS, Kontemplative Exerzitien, Würzburg
1994, 184)
"Wir empfangen
Gottes versöhnende Gnade als Zuspruch der Vergebung unserer
Sünde um Jesu Christi willen,
indem Gott uns aus der Knechtschaft des Widerspruchs
gegen Gott befreit
und uns neu seine Gemeinschaft schenkt, wo immer die Botschaft
von der Gnade Gottes in Jesus Christus von uns im Glauben, im bedingungslosen
Vertrauen auf Gott angenommen wird."
(Chr. SCHWÖBEL, Christlicher Glaube im Pluralismus.
Studien zu einer Theologie der Kultur, Tübingen 2003, 437)
"Die Erlösung besteht
darin. daß Jesus Christus uns von unserer Habsucht, Macht-
sucht und Ehrsucht zur Hingabe, zum Gottesdienst
und zum Gotteslob erhebt."
(F. JALICS, Kontemplative Exerzitien, Würzburg
1994, 101)
"Bereits Clemens hatte eine
Art Stufensystem entwickelt, indem er den Logos Jesus Christus erst als
Arzt,
dann als Erzieher und als Lehrer beschrieb../..
(Auch für Origenes gibt es solche
Stufen:) Auf der un-
tersten Stufe braucht der Mensch Christus
als Arzt. Eng verbunden mit dem Tun des iatros ist das Han-
deln Christi als Paidagogos. Heilung und
Erziehung gehören für Origenes zusammen. Die Heilung
durch den Arzt ist Voraussetzung (dafür), dass der Erzieher
zu den höheren Lehren führen kann. Ziel
ist es, Christus nur noch als 'Licht' und
'Weisheit' zu schauen. Das Ziel ist erreicht, wenn der Mensch
vollkommen Ebenbild Gottes ist, wozu er von
Anfang an die Anlage besaß."
(M. DÖRNEMANN, Krankheit und Heilung in der Theologie der frühen
Kirchen-
väter (Studien und Texte zu Antike und
Christentum 20) Tübingen 2003, 144/159)
"Das eigentliche Opfer ist der gottgemäß gewordene
Mensch"
(J. Ratzinger, Glaube-Wahrheit-Toleranz. Das Christen-
tum und die Weltreligionen, Freiburg 2. Aufl. 2003, 120)
"Der wahre Hirte aller
Menschen, der lebendige Gott, ist selbst zum Lamm geworden,
er hat sich auf die
Seite der Lämmer, der Getretenen und Geschlachteten gestellt."
"Von der Macht der Sünde... kann es Befreiung durch Andere und dabei auch stellvertretende
Übernahme der Schuldfolgen geben. Oft ist dieses sogar der einzige Weg der Befreiung: daß
nämlich ein Mensch, um für andere einen Neuanfang möglich zu machen, in ihre Schuldsitu-
ation eintritt, deren Auswirkung an sich selber erträgt und so, am Ort der Schuldigen selber,
das reale Verhängnis durchbricht und den Schuldgefangenen eine neue Möglichkeit zu leben
eröffnet. Allerdings kommt auch solche Befreiung erst an ihr Ziel, wenn der Befreite die neue
Möglichkeit für sich selbst auch ergreift. Und eben in dieser doppelten Weise, als Vergebung
der Schuld und als Befreiung aus der Macht ihrer Folgen, ist ja auch Gottes Gnade der Sünde
der Menschen begegnet, sichtbar und geschichtlich unwiderruflich in Leben, Tod und Aufer-
weckung Jesu.... In diesem Sinn also war Jesu Tod die Sühne der menschlichen Sünde: nicht
als Genugtuungsakt, den Gottes verletzte Ehre als Preis für sein Erbarmen und als Bedingung
für seine Gnade verlangte, sondern als Erscheinungsgestalt dieser Gnade selbst, die eben da-
durch, daß Jesus die tödliche Macht und äußersten Folgen der Sünde an sich selber bis an das
Ende durchlebte, bei den Gottfernen ankam und für immer offenbar machte, daß von ihr - so-
weit es an Gott liegt - nichts mehr zu trennen braucht."
(Thomas Pröpper, Theologische Anthropologie II, Freiburg 2. Aufl. 2012, 700f)