Die Krise des christlichen Glaubens in der Gegenwart vollzieht
sich nicht nur an den Raendern der Kirche,
sondern inmitten des Zentrums. Es ist fraglich geworden, inwieweit es der
Theologie der Gegenwart noch
gelingt, das christliche Heilsverständnis adaequat zum Ausdruck zu bringen.
Der Ausdruck >Stellvertretung<
scheint geeignet zu sein, das Zentrum des christlichen Glaubens in seinen
mannigfaltigen Bezügen zur
Sprache zu bringen. Dafür ist es jedoch notwendig, ihn genauer als bislang
zu klären. Christof Gestrich ver-
sucht, im Spannungsfeld von Theologie, Sprachphilosophie und Ontologie einen
Beitrag zum differenzierten
Gebrauch zu leisten. Darüber hinaus legt er eine Gesamtdeutung der christlichen
Soteriologie - einschliesslich
sozialethischer und kulturphilosophischer Implikationen - vor, die diesen
Differenzierungen Rechnung trägt.
Im Kontext der Ontologie kann Stellvertreten als Bedingung
von Freiheit und geschichtlicher Entwicklung be-
stimmt werden. In den Blick rückt dann die Frage, in welcher Beziehung
göttliches und menschliches Vertreten
zueinander stehen. Christof Gestrich akzentuiert vernachlässigte Themen,
wie Erwählung, Heiligkeit und Säku-
larisierung, neu. Als vorzüglichen Ort, an dem freiheitsstiftende Vertretung
stattfindet, bestimmt er das meta-
phorische und symbolische Vermögen der Sprache. Das Phänomen des
Anredens formt neue Räume,
in denen das in Jesus Christus sich zeigende Heil durchsichtig wird.
Quelle: Verlag Mohr-Siebeck