Theologie-Systematisch
Christologie
§ 12. Die Auferweckung Jesu Christi
Texte-Biblisch

"Erst bei der Auferstehung Jesu hat den Jüngern eingeleuchtet, dass der Kreuzestod Jesu, der ihnen zunächst rätselhaft
erschien, in Wirklichkeit von Anfang an im ewigen Heilsplan Gottes enthalten, ja sogar schon im Alten Testament ge-
weissagt war. Deshalb deuteten sie Jesus über das einfache Menschsein hinaus als 'den eingeborenen Sohn Gottes'.
Theologisch betrachtet ist das ein Offenbarungsgeschehen, dessen Subjekt Gott selbst ist. Aus der Sicht der Jünger
handelte Gott hier neu. Historisch handelt es sich um ein exzeptionelles hermeneutisches Geschehen: Die Jünger,
die unter dem Druck des Rätsels in eine tiefe Verzweifelung geraten waren, konnten im Lichte des Alten Testaments
und zwar mit Hilfe einer neuen Interpretation (interpretatio christiana) die Lösung des Rätsels finden. Hat der an-
scheinend rätselhafte Kreuzestod Jesu diesen Sinn, so kommt damit auch der Heilsplan Gottes zur Erfüllung. Gerade
derjenige, der am Kreuz hingerichtet wurde, ist im neuen und authentischen Sinne des Wortes 'Christus, der Sohn
Gottes', der von Gott von den Toten auferweckt und zu seiner Rechten erhöht worden ist. Er lebt jetzt dort, herrscht
über alles und wirkt gegenwärtig durch den heiligen Geist auf die irdische Welt ein. Sehr bald aber wird er durch sein
Wiederkommen die Geschichte beenden und wird nach dem Jüngsten Gericht das Reich Gottes, das er einst während
seines irdischen Lebens angekündigt hat, endgültig verwirklichen."


(T. ONUKI, Zeitverständnis und Raumvorstellung Jesu und der Evangelien, in: DERS., Heil
und Erlösung. Studien zum Neuen Testament und zur Gnosis, Tübingen 2004, 78-114, 94)