"Vielmehr
ist die Zeit entweder wirkliche Zeit, in der Gott begegnet und
sein Wille vom Menschen empfangen wird, oder sie ist unwirkliche,
verlorene und verfallene Zeit, Zeit als... Ablauf, der zu nichts hinläuft."
(H.U.v. BALTHASAR,
Theologie der Geschichte.
Ein Grundriss. Neue Fassung, Einsiedeln 51959,
32)
"Indem Gott der
Schöpfung die Gabe verliehen hat, sich ihr Sein und Leben selbst
(mit)erwirken zu können, hat er ihr auch - unlösbar
damit verbunden - die Gabe
der Zeit zukommen lassen. Schon von daher ist klar,
daß Zeit nichts anderes sein
kann als Partizipation und Bild der Ewigkeit. Ewigkeit... ist dabei kein lebloses
Nunc-Stans, sondern Leben und Lebendigkeit des göttlichen
Lebensaustausches.
Für unsere
Vorstellung ist Austausch von Personen nicht möglich ohne die Zeit
als 'Zwischenzeit der Freiheiten'. Sie ist gewissermaßen
das, was zwischen Ruf und
Antwort, Erwartung und Entsprechung differenziert.
Analog zu dieser Vorstellung
ist auch eine Form von 'Zeit' in Gott selbst anzunehmen,
wenn wirklich die Bezie-
hung der drei göttlichen Personen Leben ist: Gabe,
Empfang, Rück-Gabe. An
dieser 'göttlichen Zeit', der pulsierenden Ewigkeit,
hat die geschöpfliche Zeit Anteil.
In der Zeit gewinnt das geschöpfliche Werden jenen
Spielraum, indem das einzelne
über sich hinauszugehen und sich selbst mit anderen
zusammen neu zu gewinnen
vermag. Nur was zeitlich ist, kann komplexer, vernetzter,
mehr geeint werden.
Dabei darf freilich
nicht übersehen werden, daß die Zeit nicht nur Zeit zum Handeln,
sondern auch zum Warten ist. Denn auf Grund des Eigenstands
jeder Person hat
diese ihre 'persönliche' Zeit, die oft nicht mit
der eigenen synchron zusammengeht.
Daher bedeutet Austausch von Personen unter dem Vorzeichen
der Zeit geduldiges
Aufeinander-Warten, bis die einzelnen Zeiten miteinander
abgestimmt und wahrhaft
zur einen und einzigen 'Zwischenzeit der Freiheiten'
konstituiert sind. Auf Grund
dieses Vereinigungswesens der Zeit ist diese in besonderer
Weise dem Geist zugeordnet.
Dieser durch und
durch positive Sinn der Zeit wird nicht dadurch konterkariert, daß
Zeit auch Hinfälligkeit, Ende und Abbruch bedeutet,
in der Sprache der Naturwissen-
schaften: daß für sie das Entropie-Gesetz
und damit Irreversibilität und Vergänglich-
keit gelten. Denn 'ohne Ereignisse und aus ihnen hervorgehende
Gestalten gibt es auch
keine Entropie. Diese ist im Verhältnis zu ihnen
parasitär. In der schöpferischen Macht
der Zukunft als Feld des Möglichen aber äußert
sich die Dynamik des göttlichen Geistes
in der Schöpfung' (Pannenberg, SystTh II 119).
Vergänglichkeit und Hinfälligkeit
der Zeit sind auf die Zukunft hingeordnet, ihr Ende
auf Vollendung."
(G. Greshake, Der dreieine Gott. Eine trinitarische Theologie, Freiburg 21997, 275f)