M. DÖRNEMANN, Krankheit und Heilung in der Theologie der frühen Kir-
chenväter (Studien und Texte zu Antike und Christentum 20) Tübingen 2003;

Selbstgestellte Aufgabe dieser von der Katholisch-Theologischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum
als Doktor-Dissertation angenommenen Arbeit ist es "den Hintergründen des Arzttitels für Christus
nach(zu)gehen und auch die Akzentsetzungen der einzelnen Väter in ihrer Verwendung medizinaler
Terminologie stärker heraus(zu)arbeiten" (4).

Hierbei werden u.a. folgende Ergebnisse erarbeitet: Im Alten Testament wird JHWH eine Monopolstel-
lung als Heiler zugeschrieben. Nur wer in seinem Auftrag heilt, ist ein rechtmäßiger Heiler (21). Bereits
von Homer und Hesiod werden Krankheiten als eine göttliche Strafe verstanden (38). Krankheit und Ge-
sundheit werden von Solon, Theognis und Plato als Metapher für den Zustand des Gemeinwesens und für
den moralischen Zustand des einzelnen Menschen gedeutet (47). Krankheiten beim Menschen sind für
Plato Deformationen bzw. Übel, die es zu beseitigen gilt, damit der Mensch sich wieder dem Urbild an-
nähert (48). Für Philo ist Gott der Ursprung aller menschlichen Gesundheit des Körpers und vor allem
der Seele. Er schickt Krankheit als Strafe und führt auch zur Gesundheit zurück (53). Festzuhalten bleibt,
dass die antiken Philosophen insgesamt die Medizin schätzen und immer wieder medizinische Vergleiche
zur Veranschaulichung ihrer Lehren anführen. Von Plato und Aristoteles bis hin zu den jüngeren Stoikern
parallelisieren alle die seelische Krankheit bzw. Gesundheit mit der körperlichen Krankheit bzw. Gesund-
heit. Philosophie und Medizin bleiben deshalb in der Antike eng miteinander verbunden (56).

Die heute durchaus bezweifelte Echtheit der Briefe und ihre Datierung um 117 vorausgesetzt, haben wir
mit den Ignatianischen Briefen erstmalig ein direktes Zeugnis für die Benennung Christi als Arzt (80).
Theophil von Antiochien bezeichnet Gott als Arzt, der heilt und Leben schenkt durch den Logos und die
Weisheit (93). Irenäus von Lyon entnimmt der philosophischen Tradition, Unwissenheit als Krankheit
anzusehen (97). Für Klemens von Alexandrien sind ganzheitliches biblisches Heilungsverständnis, pauli-
nisches Verständnis von der Sünde als einer Schwäche und das platonisch-stoische Verständnis von den
Leidenschaften, die die Seele und auch den Leib krank machen, das Fundament, auf dem er von Gott und
Christus als Arzt spricht (120f). Origenes betont, dass die christliche Lehre die Seele der Sünder heilen
und die Seele der sittlich korrekt Lebenden zur weiteren Erkenntnis führen will (126). Für Origenes ist
klar, dass der Titel "Arzt" erst aufgrund des Sündenfalls des Menschen - also aus rein soteriologischen
Gründen - dem Sohn Gottes zuteil wurde und die Menschen ihn nur in einer bestimmten "Lebens- und
Glaubensphase" als Arzt brauchen, bei Erreichen einer höheren Stufe aber nicht mehr (142). Bereits
Clemens hatte eine Art Stufensystem entwickelt, indem er den Logos Jesus Christus erst als Arzt, dann
als Erzieher und als Lehrer beschrieb (144). Auch für Origenes gibt es diese Stufen: Auf der untersten
Stufe braucht der Mensch Christus als Arzt. Die Heilung durch den Arzt ist Voraussetzung dafür, dass
der Erzieher zu den höheren Lehren führen kann. Ziel ist es, Christus nur noch als 'Licht' und 'Weisheit'
zu schauen. Das Ziel ist erreicht, wenn der Mensch vollkommen Ebenbild Gottes ist, wozu er von An-
fang an die Anlage besaß (159).

Nach Tertullian gewährt Gott wie ein Arzt Heilmittel zur Gesundung des Menschen. Dazu gehören die
Sakramente und die Gebote Gottes (169). Cyprian ist der Auffassung, dass an einer körperlichen Krank-
heit die Gerechtigkeit des Menschen geprüft wird. Im Verhalten gegenüber Kranken zeigt sich, inwieweit
die Menschen den Geboten Christi nachkommen, z.B. Kranke zu pflegen und ärztlich zu versorgen trotz
der Ansteckungsgefahr (172). Eusebios von Caesarea stellt Jesus direkt dem antiken Heilgott Asklepios
gegenüber und versucht auch dadurch, die tiefere Wahrheit des christlichen Glaubens darzulegen (181).
Zusammenfassend stellt der Autor fest: "Der Gebrauch des Titels 'Arzt' für Gott bzw. den Logos/Chris-
tus ist bei den christlichen Schriftstellern Ignatius, Diognet, Theophil, Irenäus, Tertullian, Clemens, Ori-
genes nicht begründet in der Auseinandersetzung mit dem Asklepioskult, da sie die 'Arzt-'-Benennung nie
in diesem Zusammenhang direkt anführen. Der Titel 'Arzt' und damit der Gedanke der Heilung wird zu-
nächst angewendet im Kontext innerkirchlicher Kontroversen, dann auch, um das Wirken Gottes in Jesus
 Christus zum Heil der Menschen deutlich zu machen" (286f).

Herbert Frohnhofen, 3. April 2005